Piêæ wygrywa*
Gut geschlafen? Aber sicher doch. Warum auch nicht. Bayerns Mittelstürmer Robert Lewandowski strahlte beim morgendlichen Auslauftraining an der Säbener Straße wie ein Honigkuchentorjäger.
Alles nur geträumt? Nein, nein. Alles wahr. Alles Wahnsinn. 8:58 Minuten veränderten am Dienstagabend das Leben des Robert L. Mit seinen Saisontoren vier bis acht verewigte sich der 27-jährige polnische Nationalstürmer in den Geschichtsbüchern der Bundesliga. Schnellster Hattrick, schnellster Viererpack und schnellster Fünferpack der Liga-Historie. Fünf gewinnt – Piec' wygrywa, wie es auf polnisch heißt.
Die schlimmen Minuten aus Sicht der Wolfsburger: 51./52./55./57./60. – fertig war der Fünferpack beim 5:1 der Bayern gegen den Vizemeister. „Ich habe noch nie fünf Tore in 45 Minuten geschossen, nun in neun.“ Der Pole war erst nach der Halbzeitpause eingewechselt worden. „Das war Wahnsinn, eine große Geschichte für mich und auch für Bayern, ein unglaublicher Abend.“ Erst zeigte Lewandowski einen Finger, dann zwei, dann drei, dann vier, schließlich die flache Hand – es war die Geste in den sozialen Netzwerken am Tag danach. Gimme five, Lewy!
Gratulanten allerorten. Michael Tönnies, bis Dienstag schnellster Hattrick-Schütze der Bundesliga-Geschichte mit nur fünf Minuten Ballerzeit (27. August 1991 für Duisburg gegen den Karlsruher SC) gratulierte noch an diesem denkwürdigen Abend via Facebook: „24 Jahre hab’ ich diesen Rekord gehabt. Dass er jetzt weg ist, ist natürlich ein bisschen schade. Aber was Robert Lewandowski da hingezaubert hat, war einfach sensationell. Das haste dir verdient, Robert! Herzlichen Glückwunsch!“
Was den FC Bayern betrifft, steht Lewandowski mit seinen fünf Treffern nun auf einer Stufe mit Dieter Hoeneß, er war lediglich etwas schneller. „Turban-Dieter“ brauchte beim 6:0 gegen Eintracht Braunschweig im Februar 1984 ganze 21 Minuten. Wie langsam. Als Augenzeuge im Stadion verfolgte der heute 62-Jährige die Lewy-Show. „Ein gewaltiges Spektakel! Selbst als Zuschauer musst du dich zwicken, ob das alles wahr ist“, sagte Dieter Hoeneß der AZ. „Ich freue mich wirklich sehr für ihn. Robert ist ein kompletter Stürmer, der alles drauf hat. Ich vergleiche ihn mit Marco van Basten. Robert hat noch eine ganz große Karriere vor sich.“
Bei Hoeneß’ Fünferpack im Jahre 1984 waren im zugigen Olympiastadion gerade einmal 7500 Zuschauer als Zeitzeugen zugegen. „Wir führten damals zur Pause nur mit 1:0. Ich war angeschlagen, wollte wegen eines Pferdekusses am Oberschenkel raus, weil ich kaum laufen konnte“, erzählt Hoeneß, „dann kam Uli und meinte, ich müsse weiterspielen.“
So verhalf der Manager damals seinem Bruder zur großen Show. „Ich habe mich überreden lassen, spielte mit dicker Oberschenkel-Bandage. Und dann fielen mir die Bälle nur so vor die Füße. Fünf Treffer – es war wie im Film. So einen Tag vergisst du nie.“ Ein Andenken ob der Sternstunde behielt Hoeneß nicht: „Ich habe schlicht vergessen, den Ball mitzunehmen.“
Lewandowskis Fünf-in-Neun-Kugel ließ er sich von allen Mitspielern signieren. Lediglich die absolute Krönung blieb ihm verwehrt: der Sechserpack. Die Chance war da. Wolfsburgs Ricardo Rodriguez klärte einen Lewandowski-Schuss auf der Torlinie. „Den sechsten Treffer hätte ich ihm auch noch gegönnt“, sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Dann wäre „Lewy“ mit Dieter Müller auf einer Stufe gestanden. Dieser Müller war im August 1977 beim 7:2 gegen Werder Bremen sechs Mal für den 1. FC Köln erfolgreich.
Am Dienstagabend saß er in seiner Heimat Offenbach vor dem Fernseher. „Auf einmal wurde ich ständig erwähnt. Mich riefen Leute an und schrieben SMS, die meinten: Dein Rekord ist in Gefahr“, erzählte Müller der „SZ“. Und wenn er den Rekord losgeworden wäre? „Ich habe immer gesagt: Wenn’s einer packt, dann einer von den Bayern. Das war echt knapp am Dienstag.“