Philipp Lahm: Darum bleibe ich beim FC Bayern

Der Nationalspieler wundert sich im AZ-Interview über Ex-Trainer Klinsmann und freut sich, dass bald wieder Ordnung ins Bayern-Spiel kommt. Und er hofft, dass auch Franck Ribéry und Luca Toni dem Verein erhalten bleiben.
AZ: Eine anstrengende, titelfreie Saison liegt hinter Ihnen, Herr Lahm. Nun sind Sie mit dem DFB auf Asienreise. Es gibt Schöneres, oder?
PHILIPP LAHM: Nun ja, mit dem FC Bayern hätte ich ansonsten in dieser Woche mehrere Freundschaftsspiele bestritten. Also lieber Shanghai und Dubai als Eichstätt, Magdeburg und Sittard. Ich mache das wirklich gerne mit.
Außerdem können Sie dann Mario Gomez erzählen, was ihn ab kommender Saison beim FC Bayern erwartet.
Dass er kommt, ist wirklich sehr schön! Er ist ein Topstürmer in der Bundesliga. Hervorragend, dass der Verein ihn für uns gewinnen konnte.
Für uns? Das bedeutet, dass Sie, obwohl vom FC Barcelona umworben, auch kommende Saison bei Bayern spielen?
Ich habe einen Vertrag beim FC Bayern bis 2012.
Das heißt noch nicht, dass der Kontrakt auch eingehalten wird. Zuletzt sagte sogar Barça-Topstar Lionel Messi, dass er gerne mit Ihnen in einem Team spielen würde. Außerdem haben Sie schon oft selbst gesagt, dass das Ausland interessant wäre.
Stimmt schon, aber ich habe ja erst Anfang des Jahres verlängert – und dafür hatte und habe ich meine Gründe.
Die da wären?
Ich will mit dem FC Bayern wieder Erfolg haben. Der Anspruch ist natürlich, Titel zu gewinnen – und vor allem in der Champions League eine wichtige Rolle zu spielen. Wir haben dieses Jahr, trotz einer turbulenten Saison, das Viertelfinale erreicht und bis zum Barcelona-Spiel (0:4, d. Red.) sehr gut gespielt, deshalb bin ich zuversichtlich, dass es in den nächsten Jahren eine Verbesserung gibt.
Dann können Sie ja auch für immer beim FC Bayern bleiben. Ihr Idol Paolo Maldini hat vergangene Woche seine Karriere beendet – nach 25 Jahren beim AC Mailand.
(lacht) Das weiß ich nun wirklich nicht. Das Ausland ist gewiss reizvoll. Wer weiß, was in ein paar Jahren ist.
Aber nächste Saison spielen Sie definitiv beim FC Bayern?
So ist das.
Wie wichtig für den Verbleib ist die Personalie Louis van Gaal? Er ist ein international renommierter Coach.
Da freut man sich. Wir bekommen einen sehr guten Trainer, der Erfolge vorweisen kann – sogar mit einem Außenseiter wie AZ Alkmaar. Es ist nicht einfach, mit einem solchen Verein in Holland Meister zu werden. So einen Mann braucht der FC Bayern.
Allerdings eilt van Gaal der Ruf des Disziplinfanatikers voraus. Haben Sie sich bei Spielerkollegen erkundigt?
Ja, sicher. Vor allem mit Mark (van Bommel, d.Red.), der ihn ja von der Nationalmannschaft Hollands kennt, habe ich geredet. Aber ich lasse mich da überraschen.
Welches Bild bleibt von Jürgen Klinsmann? Manager Uli Hoeneß reagiert derzeit sehr gereizt in Sachen Ex-Trainer.
Das hängt ja vor allem mit einem Auftritt zusammen (dem Interview Klinsmanns bei Günther Jauch, d. Red.). Und da hat der Vorstand natürlich das Recht, sich zu wehren.
Haben Sie sich nicht auch gewundert, als Klinsmann dort verkündete, dass er mit Bayern Meister geworden wäre?
Ich glaube, da haben sich viele Leute gewundert. Denn im Laufe dieser Saison waren wir ja niemals Erster. Jeder muss doch selbstkritisch sein, auch wir Spieler. Die ganze Saison ist nicht gut verlaufen, aber da hat jeder seinen Anteil daran. Aber damit sollte das Kapitel abgehakt sein.
Ein Blick in die Zukunft: Muss sich der FC Bayern noch weiter verstärken, damit es nächste Saison besser läuft?
Nach jeder Saison muss man sich punktuell verstärken. Das macht der Verein – mit Gomez, mit Timoschtschuk, mit Olic und Baumjohann. Mit Sicherheit wird man sich noch nach einem Außenverteidiger umschauen. Wir sind ja nur zwei – mit mir und Christian Lell.
Was muss sonst noch anders werden?
Wir müssen viel konstanter werden! Wir haben viel zu viele Niederlagen kassiert. Uns hat die Ordnung auf dem Platz gefehlt. Das muss verbessert werden! Defensive und Offensive – das muss zusammenpassen. Das sieht man bei jenen Vereinen, die jetzt im Champions-League-Finale sind: Da arbeitet jeder mit.
Für diese Ordnung steht ein Trainer wie Louis van Gaal.
Mit Sicherheit! Ein holländischer Trainer, der aus der Ajax-Schule kommt, legt immer großen Wert auf Ordnung auf dem Platz. So ist Alkmaar auch Meister geworden.
Aber der FC Bayern will ja nicht nur Meister werden, sondern auch die Champions League gewinnen.
Das Ziel muss auf jeden Fall sein, in ein paar Jahren wieder um den Champions-League-Titel mitzuspielen. Ob man den Pokal dann gewinnt, ist eine andere Sache. Das ist nicht leicht, wie man am FC Chelsea sieht. Die sind Jahr für Jahr im Finale oder Halbfinale, gewonnen haben sie aber noch nie.
Aber kann man – mit diesem Ziel – einen Spieler wie Franck Ribéry gehen lassen?
Das entscheide nicht ich, aber er ist ein Topspieler! Eine Mannschaft, die ganz oben mitspielen will, muss auf mehreren Positionen top besetzt sein. Da gehört Franck mit seiner Klasse dazu.
So gesehen könnte es ja nicht schaden, vier Topstürmer zu haben – mit Gomez, Olic, Klose und Toni.
Man kann nie zu viele Spieler haben! Wer in allen Wettbewerben, auch in der Champions League, weit kommen will und viele Partien auf hohem Niveau bestreitet, der braucht einen breiten Kader, der auch qualitativ gut ist. Wenn man sich Barcelona, Manchester oder Chelsea anschaut, dann sitzt da ja nicht irgendwer auf der Bank, sondern nur sehr gute Spieler.
Dennoch sagen viele Experten: Gomez kommt, Toni muss gehen!
Ich sehe das nicht so.
Interview: Jochen Schlosser