Petersen: Ankunft in der großen Fußball-Welt
Als Nils Petersen zum ersten offiziellen Essen beim FC Bayern geladen war, ließ er unter dem Tisch im Handy heimlich den Liveticker vom Zweitliga-Spiel seines alten Vereins Energie Cottbus laufen. Zwei Monate später ist der blonde, junge Mann aus der Provinz in der ganz großen Welt des Fußballs angekommen.
München - Beim Triumph des Fußball-Rekordmeisters in Villarreal feierte Nils Petersen sein Debüt in der Gruppenphase der Champions League und zum 2:0-Triumph auf Schalke trug der Stürmer sogar das Führungstor bei. Er erzählte danach, dass das mit dem Tor Schicksal gewesen sei, weil seine Schwester Norma auf der Tribüne gesessen habe. Zufrieden war er mit der Bilanz deshalb trotzdem nicht, schließlich hatte er mit dem mit dem verletzten Stürmerkollegen Mario Gomez etwas anderes ausgemacht. „Mario hatte mir gesagt, dass ich zwei Tore machen soll. Deshalb ärgere ich mich auch über die vergebene Chance“, erzählt Petersen.
Der 22-Jährige verstolperte nach genialer Vorabeit von Franck Ribery freistehend, so, wie er auch in Villarreal drei glasklare Torgelegenheiten nicht genutzt hatte. So bekommt man schnell den Ruf als Chancentod, doch Petersen hat immerhin schon bewiesen, dass er oft dort steht, wo ein Stürmer stehen muss. „Petersen ist ein großes Talent, aber die Auswertung der Tormöglichkeiten könnte besser sein. Aber er ist ja ein junger Bursche – der wird das noch lernen“, sagte „Kaiser“ Franz Beckenbauer bei Sky.
Und fügte hinzu: „Ohne Cottbus abwerten zu wollen, aber der kommt aus einer anderen Welt.“
Deshalb war sein Wechsel vom kleinen Zweitligisten Energie Cottbus zum großen FC Bayern auch so eine große Überraschung. Etwa 2,5 Millionen Euro vom Festgeldkonto investierte der Verein in den Mann, der in der vergangenen Saison mit 25 Toren Torschützenkönig im Unterhaus geworden war.
Klose geht, Petersen erhält die Nummer 9
Dass der FC Bayern an seine Qualitäten glaubt, zeigte zudem die Tatsache, dass man Nationalspieler Miroslav Klose zu Lazio Rom ziehen ließ und Petersen die prestigeträchtige Rückennummer 9 erhielt. Ein weiterer Vertrauensvorschuss war, dass trotz der Verletzung von Ivica Olic bis zum Ende der Transferperiode kein weiterer hochkarätiger Stürmer verpflichtet wurde.
Die Begründung liefert Trainer Jupp Heynckes. Er hält Petersen für einen „echten Knipser, der große Fähigkeiten vor dem Tor hat“. Das hat er mit zwei Bundesliga-Toren schon jetzt bewiesen, obwohl er im Kombinationswirbel der momentan überragend auftretenden Bayern manchmal noch wie ein Fremdkörper wirkt.
Für Heynckes ist das aber logisch: „Er arbeitet jeden Tag hart daran, sich an das neue Niveau anzupassen.“ Keine leichte Aufgabe für den jungen Mann, der einst aus seiner Heimatstadt Wernigerode ins Jenaer Sportgymnasium zog, um sich seinen Traum vom Fußballprofi zu erfüllen.
Über den FC Carl Zeiss Jena kam er zu Energie Cottbus, wo er am 23. Mai 2009 im bis dato letzten Bundesliga-Spiel der Lausitzer sein Erstliga-Debüt gab. Nach dem Abstieg wurde der einstige Junioren-Nationalspieler zum Leistungsträger, dessen Torjäger-Qualitäten zahlreiche Bundesligisten aufmerksam machten. Nach Rücksprache mit seinem Papa und Mentor Andreas, der Trainer beim Regionalligisten Germania Halberstadt ist, entschloss er sich zum größtmöglichen Karriereschritt nach München.
„Wollte die Herausforderung annehmen“
„Ich wollte die Herausforderung annehmen“, erzählt Petersen im Rückblick: „Ich weiß, dass es Zeit brauchen wird, dass ich noch abgebrühter werden muss. Die ersten Wochen haben Lust auf mehr gemacht, und ich will so viele Minuten wie möglich spielen.“ Durch die Verletzungen von Olic und Gomez – die noch vor Petersen stehen, wenn sie wieder fit sind – hat er schon jetzt mehr gespielt als erwartet.
Viel Zeit, an Cottbus zu denken, bleibt da momentan einfach nicht mehr...