Peps Plan für Xabi Alonso: Bayerns Teilzeitkönig
München - Xabi Alonso liebt es, das Spiel aus dem Zentrum heraus zu kontrollieren. Passen, passen, passen – und das mit einer Präzision, die nicht nur in der Bundesliga ihresgleichen sucht. In England verpasste man ihm deshalb während seiner Zeit beim FC Liverpool den Spitznamen "Pass Master". Alonso sieht Räume, die manchmal noch gar nicht vorhanden sind. Und dennoch: In der neuen Saison wird er die Spielkontrolle des FC Bayern öfters seinen Kollegen überlassen müssen.
Beim Saisonauftakt gegen den Hamburger SV stand der Spanier zwar in der Startelf und bereitete den Führungstreffer durch Benatia vor, wurde nach 55 Minuten aber ausgewechselt. Trainer Pep Guardiola nahm den Spanier aus der Partie, brachte Rafinha für die rechte Abwehrseite, sodass Lahm ins Zentrum rücken konnte.
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Der Konkurrenzkampf im Mittelfeld hat personelle Konsequenzen
Laufend Einsätze über 80, 90 Minuten wird es für den 33-Jährigen nicht mehr geben. Und das nicht nur deshalb, weil die Konkurrenz im zentralen Mittelfeld trotz des Verkaufs von Bastian Schweinsteiger riesig ist. Mit Arturo Vidal verpflichteten die Bayern einen Spielertypen, den sie zuvor nicht hatten – keinen Strategen, sondern einen echten Kämpfer, dessen Stammplatz fast sicher scheint. Außerdem kam der 20-jährige Joshua Kimmich, pass- und übersichtsstark, neu ins Team und soll so schnell wie möglich eine wichtige Rolle einnehmen. Und wenn Thiago fit ist, kommt (und will) Guardiola ohnehin kaum an ihm vorbei. Dazu melden Pierre-Emile Höjbjerg und Sebastian Rode ihre Ansprüche an. Wie hart der Kampf um die wenigen Plätze ist, bekam auch Youngster Gianluca Gaudino zu spüren, der künftig nur noch für die Amateure spielen wird. Ersatz ist also vorhanden, die Einsatzzeiten für Alonso werden geringer, der "Pass Master" wird zu Bayerns Teilzeitkönig – und, wie mit Guardiola abgesprochen, der Mann für die entscheidenden Momente. Krafteinteilung heißt das Zauberwort.
Das sah vor einem Jahr noch ganz anders aus. Für zehn Millionen Euro holte man ihn 2014 nach München, um die Lücke, die Toni Kroos mit seinem Wechsel nach Madrid hinterlassen hat, zu füllen. Xabi Alonso, Champions-League-Sieger mit dem FC Liverpool und Real Madrid, Welt- und Europameister mit Spanien. Ein Siegertyp, der nach seinem ganz besonderen Triple strebt – die Champions League auch noch mit einem dritten Verein zu gewinnen. Die Freude war groß, und die Fans wurden nicht enttäuscht. Alonso dominierte sofort, überzeugte mit einer starken Vorrunde und sorgte mit 206 Ballkontakten gegen den 1. FC Köln für einen Liga-Rekord.
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Die Alonso-Euphorie ist verflogen
Doch die Euphorie verflog im Lauf der Spielzeit, in der Rückrunde mehrte sich die Kritik am matt-müden Alonso, besonders nach den K.o.-Spielen in der Champions League und im DFB-Pokal. In der Königsklasse setzte es eine 3:5-Schlappe nach Hin- und Rückspiel gegen den FC Barcelona, im Pokal das Aus nach Elfmeterschießen gegen Borussia Dortmund. Alonso verschoss – wie im Supercup gegen den VfL Wolfsburg. Guardiola schätzt Alonso trotzdem ungemein: "Er ist ein wahnsinniger Profi, ich habe keine Zweifel an seiner Qualität." Der Katalane nimmt auch die Mitspieler in die Pflicht: "Er braucht an seiner Seite Mittelfeldspieler. Ball spielen und laufen, Ball spielen und laufen. Dann spielt Xabi besser."
Ganz auf den Spanier verzichten, das will Guardiola auf keinen Fall. "Wenn er fit ist, ist er ein sehr wichtiger Spieler." Einer, der in einem möglichen Halbfinale der Champions League gegen Barcelona oder Real den Unterschied machen kann. Deshalb soll Alonso, der in der letzten Saison noch auf 40 Einsätze kam, diese Saison mehr Pausen bekommen, damit er sein Genie in den entscheidenden Spielen mit der nötigen Frische zeigen kann – als Teilzeitkönig für die wichtigen Momente.
Akzeptiert Alsono die Rolle als Edel-Reservist?
Doch ob er sich mit der Rolle zufrieden gibt? Immer wieder gibt es Gerüchte um mögliche Interessenten, die dem Spanier mehr Einsatzzeiten bieten wollen, zuletzt der AC Mailand. Der Vertrag in München läuft nur noch ein Jahr, über eine mögliche Verlängerung wurde noch nicht verhandelt: "Wir werden sehen, wie die Saison läuft und was in den kommenden zehn Monaten passiert", sagt Alonso. Überzeugen kann er die Verantwortlichen nur mit guten Leistungen, sobald er die Chance dazu bekommt. Er muss da sein, wenn er gebraucht wird – das erwarten die Bayern von ihrem Teilzeitkönig.