Peps Jubelfaserriss - "Ich war heiß"
München - Zweierlei Fragen darf man Pep Guardiola nicht stellen. Zum einen die Frage nach dem perfekten Spiel. Denn: Das gibt es für den Katalanen nicht. Niemals. Auch ein 6:1 gegen den FC Porto, auf dem Niveau eines Champions-League-Viertelfinals ist kein perfektes Spiel. Nein. Nein. Nein. Nicht mal diese erste Halbzeit, dieses 5:0. Das Kernproblem von Pep Guardiola, diesem fußballbesessenen Trainer, wäre bei Erreichen der Perfektion: Wonach soll er streben? Wofür soll er arbeiten? Der Weg ist das Ziel. Immer.
Wie ihm also diese sagenhafte erste Halbzeit, mit fünf Toren in 26 Minuten, gefallen habe, wurde der 44-Jährige gefragt. Bewunderung schwang mit, der Fragesteller wartete auf Superlative. Antwort Pep: „Ja, war gut.“ Großes „Aber“ schon im Kopf, unausgesprochen. Guardiola wusste, was kommen musste. Neuer Versuch des Reporters: „War das heute nicht Fußball in Perfektion?“ Eine Frage wie ein Magenschwinger, der Coach fiel dem Mann ins Wort: „Nein. Nein. Nein. Das war heute kein Fußball in Perfektion. Wir können besser spielen. Wir hatten Ballverluste.“ Oh. Ja, natürlich. Porto kam in den 90 Minuten auch mal an den Ball.
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Ironie beiseite. Sie kamen sogar gefährlich nah ran an eine Wende der Wende, an ein Re-Wunder. Nach dem 1:5 waren noch gut 20 Minuten Zeit, um zwei Treffer zum 3:5 zu erzielen. Das hätte das Aus für Bayern bedeutet. Fuchsteufelswild tobte Guardiola an der Seitenlinie herum, versuchte Einfluss auf seine von der (Tore-)Jagd müden Krieger zu nehmen, sie zu warnen, das System umzustellen. Deshalb keine Perfektion! Weil kurz Hektik aufkam. Unnötige Hektik. „In der Champions League darfst du nie schlafen, erst wenn der Schiedsrichter sagt: Fertig. Aus.“ Zwischendurch, um nicht komplett als Wahnsinniger, als Nahe-an-der-Perfektion-Nerd dazustehen, sagt Pep dann Sätze wie: „Ich bin zufrieden, natürlich.“ Um eines Trainers Bescheidenheit anzufügen, die Demut gegenüber den Untertanen, die seine Ideen umsetzen: „Danke an meine Spieler! Ich bin glücklich, weil ich Trainer dieser überragenden Spieler bin.“ Herrlich, wie oft und wie schön mediterran Pep „juber-ragend“ sagt. Fast perfekt.
Die Verantwortlichen wissen, dass sie nicht übertreiben dürfen, wenn es gilt, ihren Trainer zu loben. „Pep hat eine Gabe, dass er auch in den kritischen Situationen ruhig bleibt, klar analysiert und absoluten Optimismus ausstrahlt“, meinte Sportvorstand Matthias Sammer. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge sagte: „Der Trainer ist ein absoluter Profi, ein absoluter Freund der Qualität. Alle Ratschläge, die Guardiola uns bisher gegeben hat, waren gut - egal ob Thiago oder in diesem Sommer Xabi Alonso.“
Bleibt die zweite Frage: die nach der Hose. Auf der Pressekonferenz erschien Guardiola mit einem Pulli, den er über die Hüfte gebunden hatte. Damit alles blickdicht war am linken Oberschenkel. Beim Jubel über das 2:0 von Boateng mit Fitnesstrainer Lorenzo Buenaventura war es passiert. Ein Riss, ein Schlitz, ein Jubelfaserriss im Stoff. Fragen hierzu ließ er gequält lächelnd über sich ergehen. „Zum Halbfinale habe ich eine neue Hose.“ Auf die Frage, ob ihm dann kalt war am Oberschenkel: „Nein. Ich war warm, heiß.“ Solche fußballspezifisch unwichtigen Fragen hasst er.
Witze über Peps zweites Hosentürl machten andere. Natürlich Thomas Müller – wer sonst: „Er trägt sie immer verdammt eng.“ Und Sammer: „Ich habe gleich Gewichtsprobleme ins Spiel gebracht.“ Pause. Ernster Blick. „Kleiner Scherz!“ Wenn das Pep zu Ohren kommt. Mensch, Matthias!