Pep: Ribéry auf der 10?
MÜNCHEN Mitten während des Trainings, als Franck Ribéry gerade auf den Ball und die Kurzpass-Übung konzentriert war, lief Pep Guardiola am Franzosen vorbei. Und leistete sich eine kleine Tätlichkeit. Der neue Trainer des FC Bayern boxte Ribéry mit einer Faust in den Oberarm, eine Geste wie unter Kumpels. Eine Szene vom ersten öffentlichen Training am Mittwochnachmittag, die zeigte: Da will einer Vertrauen schaffen.
Nicht die einzige Annäherung zwischen Guardiola und Ribéry. Als das Training vorbei war und sich Monsieur seine Glieder nach der ersten Einheit dehnte und schüttelte, kam Guardiola, um ein kurzes Fachgespräch zu führen. Wovon der Franzose hinterher einem Landsmann unter den Reportern berichtete. „Er fragte, auf welcher Position ich am liebsten spiele und ob ich vielleicht auf der ,Zehn’ spielen könnte”, so Ribéry zu „ RTL Radio” und der Sporttageszeitung „L'Equipe”. Ein Test?
Wollte Guardiola einfach mal die Bereitschaft seines Mitarbeiters checken, der auf der Linksaußenposition das Triple gewann und Vize-Weltmeister wurde? Einfach, um nur mal zu sehen, wie der Individualist, der Freigeist (O-Ton Matthias Sammer vor ein paar Wochen) reagiert. Und? Prüfung bestanden! Ribéry: „Ich habe geantwortet, dass ich in der Offensive flexibel einsetzbar bin.” So will es Pep. Ribéry weiter: „Ich glaube, dass er viele Ideen hat und das ist sehr wichtig.”
Verordnet Guardiola Ribéry einen Rollenwechsel? Und das obwohl der Coach auf der Zehn mit Thomas Müller, dem wieder genesenen Toni Kroos sowie Neuzugang Mario Götze mehrere Optionen hat? Bislang kam der 30-Jährige stets als Rechtsfuß auf dem linken Flügel zum Einsatz. Unter Jupp Heynckes jedoch durfte Ribéry seine Rolle freier interpretieren – er tummelte sich oft in der Mitte oder gar auf der rechten Seite herum – im Wechsel mit Arjen Robben.
Schon zu Beginn der Saison 2009/10 hatte Louis van Gaal, damals frisch als Bayern-Coach im Amt, mit Ribéry in der zentralen Spielmacherrolle geplant. Was Ribéry damals nicht in den Kram passte: „Von Zeit zu Zeit kann ich mir die zentrale Rolle vorstellen. Aber ich sehe meine Stärke auf links, dort kann ich für viel mehr Gefahr sorgen.” Klare Absage. Doch diesmal lässt sich Ribéry alles offen. Der Respekt vor Pep ist groß. „Ich denke, dass er ein Trainer ist, der super motiviert ist”, sagte Ribéry weiter, „einer, der wirklich Lust hat, sich zu 1000 Prozent für die Mannschaft und für den Verein zu engagieren.”
Die Deutschkenntnisse des neuen Trainers bezeichnete der Franzose als „beeindruckend”, es „ist an uns, ihm nun zu helfen”. Ein Geben und Nehmen. Wird die Liaison Ribéry/Guardiola ähnlich gut wie das Verhältnis zwischen Heynckes und dem Linksaußen, der für ihn wie ein Vater, ein Onkel war?
Das Auftakt-Training stufte Ribéry als „aufregend” ein. „Er wird mich, er wird uns noch besser machen”, sagte Ribéry dem „Kicker”, „uns neue Dinge beibringen”. Für den 30-Jährigen, der einer der Favoriten zur Wahl des Weltfußballers 2013 ist, gilt: Man lernt nie aus. Schon gar nicht unter Pep.