Pep: Lob vom Lehrmeister Cruyff

MÜNCHEN Louis van Gaal hat ein Problem: Johan Cruyff. Für den Holländer war und ist der Über-Holländer ein Lebenszeit-Dilemma. Zwei Welten, Versöhnung ausgeschlossen. Dass Cruyff 2009 dem FC Bayern zur Verpflichtung van Gaals gratulierte – ausgeschlossen.
Nun hat der Mann, der in Holland den Beckenbauer-Status Lichtgestalt als Spieler, Trainer, Mensch hat, den Bayern gratuliert. Wegen Pep. Über die Entscheidung von Guardiola, einen Vertrag ab 1. Juli in München zu unterschreiben, habe er sich riesig Freude. Cruyff schreibt in seiner Montagskolumne für den „De Telegraaf”: „Pep wurde überhäuft mit Angeboten, hat aber schließlich die echte Fußball-Herausforderung gesucht. Und das bei einem Klub, der finanziell großartig dasteht und auch kontinuierlich dabei ist, sich zu erneuern.”
Die Verbindung und mittlerweile Freundschaft zwischen Cruyff und Guardiola begann 1988. Im Herbst jenes Jahres, Teenie Pep war 17 Jahre, begegneten sich beide zum ersten Mal. Cruyff, seit Juli ’88 Trainer bei Barça, beobachtete Guardiola, der in der Nachwuchsmannschaft rechts spielen musste, auf einem Nebenplatz. Der Holländer erkundigte sich, wer „dieser Typ” sei und wies Coach Charly Rexach an: „Stell ihn zentraler auf.” So wurde Guardiolas Rolle als kreativer Sechser, als defensiver Spielmacher geboren. Wenige Monate später debütierte Guardiola in einem Benefizspiel gegen eine Amateurelf in Barças erster Mannschaft. Cruyff raunzte ihn an: „Du hast langsamer gespielt als meine Großmutter!” Der Beginn des väterlich-freundlichen Verhältnisses.
Also war Cruyff (65) einer der Ersten, die Guardiola über seine Lebensplanung informierte. „Während meines Urlaubs in Afrika rief mich Pep an; er wollte mir persönlich sagen, dass er in der nächsten Saison Bayern trainieren werde. Ich habe ihm gesagt, dass ich stolz und sehr glücklich über seine Entscheidung bin.”
Er, der Lehrmeister von Guardiola.
Acht Jahre war Pep fortan Cruyffs „Pivote”, wie sie in Spanien sagen. Das Zentrum, die Achse des Spiels. Der Denker und Lenker, später auch Kapitän. Gemeinsam gewannen sie mit Barcelona 1992 den Europapokal der Landesmeister. „Cruyff ist an allem Schuld”, sagt Guardiola über seine Erfolge als Spieler und Trainer, „wir sind nur seinem Modell gefolgt, und es wäre eine Sünde, wenn wir dies nicht auch weiterhin machen würden.” Denn Cruyff war es, der von der Ajax-Schule der 70er Jahre ausgehend das Prinzip „totaal voetbal” in Barcelona eingeführt hatte: Ballbesitz und sicheres Passspiel als oberste Maxime. Guardiola perfektionierte dies bei Barça ab 2008, verfeinert mit Pressing und Gegenpressing.
Ab Juli soll Guardiola, einer der „Cruyffistas”, das Bayern-Spiel prägen und für Titel mit ästhetischem Anstrich sorgen. Das hätte sich Uli Hoeneß 1974 wohl nicht träumen lassen: Dass er damals im WM-Finale gegen die Niederlande den Mann foulte, in dessen Sinne 40 Jahre später ein Spanier die Bayern zu Weltruhm führen soll. Guardiolas Credo: „Man muss als Trainer an das glauben, was man vermittelt. Unabhängig davon, wo man gerade ist.”
Das versuchte auch van Gaal bei Bayern, er scheiterte nicht wegen seines Könnens und Wissens, sondern an seiner Menschenführung. Nun meldete er sich auch zu Wort: „Ich denke, Pep ist eine gute Wahl.” Warum bloß? Van Gaal: „Ich habe begonnen, bei Bayern das System spielen zu lassen, das sie nun spielen. Pep folgt meiner Philosophie.” Bei diesen Worten dürften sich an der Säbener einige Nackenhaare aufstellen.