Pep Guardiola und seine Bayern: Total verliebt

MÜNCHEN Man muss sich nur mal vorstellen, es wäre ganz anders gekommen für die Bayern und ihren Trainer Pep Guardiola gegen Chelsea im Supercup-Finale: Zweites Finale verloren nach dem 2:4 im heimischen Supercup gegen Dortmund, zweiter Pokal verspielt – und wieder auf dramatische Art und Weise gegen diese blauen Londoner, auf die man im Laufe der neuen Champions-League-Saison treffen könnte. Die Gefahr, dass das Thema Chelsea zu einer Dauerbelastung werden könnte, war greifbar.
Es kam anders. Es kam eine SMS. Nach dem Triumph im Elfmeterschießen (7:6, nach 120 Minuten stand es 2:2) sandte Bundeskanzlerin Angela Merkel Glückwünsche an DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Sie schrieb von einem „fantastischen, hochdramatischen Spiel”, würdigte „großen Sport” der Bayern.
Erleichterter noch als Bundeskanzlerin Angela Merkel war der gesamte Bayern-Tross in Prag. Es wurde keine rauschende Party im Teamhotel „Madarin Oriental”, dafür waren alle Beteiligten zu kaputt. Guardiola und Franck Ribéry, der Fußballer Europas, bekamen Extra-Applaus. Sie waren die Macher des historischen Triumphes – die weltweite Trophäensammlung ist nun komplett. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: „Wir haben etwas Wunderbares geschaffen, wieder mal. Wir haben erlebt, was noch keine deutsche Mannschaft gewonnen hat.”
Und so geriet der erste Pep-Titel zur Premiere, im vierten Anlauf gelang es einem Bayern-Team, den Supercup zu gewinnen. Während sich Guardiola bescheiden und demütigt zeigte („Jupp Heynckes war die wichtigste Person, der Grund, warum wir hier waren. Vielen Dank!”) und beim Siegerfoto ganz hinten an den Rand stellte, betonten andere die Bedeutung des Trainers für den Erfolg. „Pep hat die Mannschaft geführt, nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch moralisch”, lobte Sportvorstand Matthias Sammer.
Es waren vor allem die Minuten vor dem Elfmeterschießen, die alle Beteiligten beeindruckten. Ribéry in „BamS”: „Er hat uns gesagt, wir sollen alleine bestimmen, wer die Elfmeter schießt. Danach haben wir selbst entschieden und er hat dann gesagt: ‚Wenn ihr den Ball nehmt und den Weg zum Elfmeterpunkt lauft, sagt euch bei jedem Schritt: Tor! Tor! Tor!‘ Das sind kleine Details, aber das ist so wichtig.” Sammer schwärmte: „Die Ansprachen vor dem Spiel, in der Halbzeit, vor dem Elfmeterschießen – das war grandios. Er hat den Spielern genau gesagt, was sie tun sollen. Das war unglaublich.”
Und selbst Ende August womöglich schon ein Knackpunkt für die gesamte Saison. In Prag war zu spüren, wie nahe sich Trainer und Mannschaft nach nur zwei Monaten schon gekommen sind.
Ein Titel, ein Erlebnis, das zusammenschweißt. „Ich freue mich sehr für Pep”, sagte Ribéry, der ihm bei seinem Tor zum 1:1 umarmte und küsste, „wir haben letztes Jahr alles gewonnen, das ist nicht einfach für ihn – so viel Druck. Und es war sehr speziell für ihn wegen dieser großen Konkurrenz mit Mourinho.” Der Chelsea-Coach, Peps Intimfeind seit vielen, vielen Jahren, zeigte sich gewohnt motzend („Das bessere Team hat verloren”). Pep konterte cool: „Wir verdienen diesen Titel.”
Ribéry, auch noch zum Spieler des Spiels gewählt, gewann so drei Titel in zwei Tagen. Glück im Spiel und in der Liebe. „Ich bin total verliebt in die Bayern. Das ist meine richtige Familie.”