Pep Guardiola: Nur das Feiern muss er noch lernen
Berlin - Und drin! Tor für Bayern in Berlin. Pep Guardiola freut sich, ja, er jubelt. Tatsächlich. Dann kann man mitzählen. 21, 22. Wie bei einem Gewitter. Nach dem Blitz folgt der Donner. 23, 24. Und da ist es, das Pep-Grollen. Es trifft David Alaba, der gerade am nächsten war. Guardiola pfeift den Österreicher heran und sofort folgen taktische Anweisungen. Details, um das Bayern-Spiel zu verbessern. Wild gestikulierend vorgetragen.
Pep kann nicht anders. Da sind die Bayern Meister und der Bayern-Trainer ist immer noch nicht zufrieden. Weil er einer ist, dem das Spiel über alles geht. Ein schräger Nerd. Ein positiv Irrer. Und gerade deswegen so brillant. „Der positive Fanatismus, mit dem dieser erstaunliche Trainer arbeitet, ist tatsächlich eine neue Dimension“, sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge neulich.
Wenigstens im Titel-Moment war er gelöst, da fiel die Spannung ab. Erst umarmte Pep seine Co-Trainer, dann den ganzen Betreuerstab, dann jeden einzelnen Spieler, angefangen bei Thomas Müller. Und Lahm, der Kapitän, wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Dann nestelte er an seiner Manteltasche und holte sein Handy raus. Seine Frau Cristina rief an und gratulierte.
Als Bayerns Teamassistentin dem Meistercoach ein rotes Käppie mit der „24“ und dem Schriftzug „Rekordmeister“ aufsetzen wollte, weigerte er sich. Erst als er das Käppie geprüft hatte, setzte er es auf. Passt doch, Pep! Guardiola sagte: „Heute und morgen werden wir feiern. Wir werden zusammen essen gehen und die Zeit genießen.“
Wirklich aus sich raus ging er nicht. Das Feiern muss er wohl noch lernen. Die Spieler mussten ihren Coach dazu animinieren. Pep demütig: „Vielen, vielen Dank an den Verein, diese Spieler trainieren zu dürfen.“ Der Meistercoach weiter: Ich bin zufrieden – ob wir ein Spiel früher oder später Meister sind, ist igentlich egal. Glückwunsch an alle für diese Riesensaison.“ Schließlich dachte Guardiola an den zu einer Haftstrafe verurteilten früheren Bayern-Präsidenten: „Die Meisterschaft ist für Uli Hoeneß, die wichtigste Person im Verein.“
Es ist Peps erste Meisterschaft – und das im ersten Anlauf. Was auch Louis van Gaal als Bundesliga-Frischling 2010 gelang. Doch das Ende vom Lied mit dem Holländer ist bekannt. Entzaubert, entliebt, entlassen. Unvorstellbar momentan bei Pep Guardiola. Weil er eben einzig und allein aufs Spiel fixiert ist – nicht auf Nebensächlichkeiten wie es das „Feierbiest“ van Gaal war. Fragen nach Meisterfeiern und Bierduschen, wie zuletzt auf den Pressekonferenzen gestellt, befremden Guardiola.
„Ich habe nicht übers Feiern nachgedacht“, sagte er, etwas gequält. Mit Akribie in jedem Training, mit feurigen Ansprachen, analytischen Videobesprechungen hat er das Heynckes-Team verbessert. Es gibt keine bessere Allrounder-Mannschaft in Europa, keine höhere Schwarmintelligenz. „Ich bin immer wieder überrascht, auf was er uns alles vorbereitet und wie viel davon dann wirklich im Spiel so eintritt“, sagt Thomas Müller.
Mit der deutschen Meisterschaft hat Guardiola in vierdreiviertel Jahren als Trainer insgesamt 17 Titel gewonnen! Nur sechs Titel hat er nicht gewonnen: Zweimal verpasste er den Champions-League-Sieg mit Barcelona (2010, 2012), zweimal den spanischen Pokal (2010, 2011), einmal den Liga-Titel (2012) und vergangenen Sommer den unbedeutenden DFL-Supercup mit Bayern gegen Dortmund (2:4). Sonst gewann er alles. Für seinen Erfolg hat Guardiola eine bescheidene Erklärung: „Ein Trainer ist immer nur gut, weil er bei einem großen Verein ist und große Spieler hat. Die Spieler verdienen viel Lob. Sie sind unglaublich.“
Nimmersatt ist er dennoch, hat immer noch Details im Bayern-Spiel erkannt, die besser laufen könnten.In jedem Spiel. „Wir können noch