Pep Guardiola: "Eine neue Dimension"
München/Berlin – Pep Guardiola spricht nur ungern über sich. Auch Titel führt er nur bedingt auf seine Arbeit zurück. "Ein Trainer ist immer nur gut, weil er bei einem großen Verein ist und große Spieler hat. Ich habe viele Titel gewonnen, weil ich große Spieler hatte. Die Spieler verdienen viel Lob. Sie sind unglaublich", sagte der Spanier vor der Partie von Bayern München bei Hertha BSC, in dem sich der deutsche Rekordmeister am Dienstagabend die früheste Meisterschaft der Bundesliga-Geschichte sichern könnte.
Doch die Sätze von Guardiola kommen einer grandiosen Untertreibung gleich. Beim FC Barcelona hat er in vier Jahren Messi, Iniesta, Xavi und Co. zum Nonplusultra des Weltfußballs geformt. Seit 24. Juni 2013 hievt der Spanier nun den FC Bayern noch einmal auf eine neue Stufe. Das Niveau seiner Mannschaft ist noch ein bisschen höher als das der Triple-Sieger von Jupp Heynckes.
Mit großem Engagement und noch größerer Akribie verfolgt Guardiola, der mit Barça 14 Titel gewann, seit neun Monaten bei den Münchnern seine Ziele. Er ist meist der Erste an der Säbener Straße – und der Letzte, der das Vereinsgelände verlässt. Freie Tage kennt der Perfektionist kaum.
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Zwar weiß die Bayern-Führung, was sie einem Heynckes zu verdanken hat – doch an Guardiola reicht selbst der 68-Jährige nicht heran. Es würden sich Vergleiche zwar verbieten, "aber der positive Fanatismus, mit dem dieser erstaunliche Trainer arbeitet, ist tatsächlich eine neue Dimension", schrieb Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge unlängst im Bayern-Magazin.
In der Welt am Sonntag legte er nun nach: "Er hat einen klaren Plan und ist fleißig, wie ich es bei noch keinem Trainer erlebt habe. Er und die Mannschaft sind eine verschworene Gemeinschaft. Das war unter Jupp Heynckes auch so, doch Pep hat taktisch noch einmal ein paar Dinge verändert. Er versucht permanent die Mannschaft zu verbessern."
Deshalb ist Guardiola mit seiner ersten Saison in München auch nur bedingt zufrieden – vor allem mit der ersten Saisonhälfte. "Da haben wir nicht so gut gespielt. Jetzt ist es ist besser", sagte er am Montag, fügte aber in seiner ihm typischen Art an: "Wir können noch viel besser." Noch besser? Vor allem in Bezug auf den Spiel-Rhythmus, aber auch bei der Raumaufteilung sieht Guardiola Potenzial.
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Dabei ist die Bundesliga-Konkurrenz schon jetzt meist nur ein Spielball für seine Bayern. Gründe dafür benannte unlängst Nationalspieler Thomas Müller: "Unser Spiel findet noch mehr in der gegnerischen Hälfte statt. Und mehr im Zentrum als außen."
In der Tat attackieren die Bayern noch früher, noch mutiger als letzte Saison – auch auf die Gefahr hin, ausgekontert zu werden. Immer wieder treibt Guardiola bei den Spielen sein Team nach vorne. Wild gestikulierend steht der Spanier dann an der Außenlinie.
Intern gibt er sich weniger emotional, in der Sache jedoch knallhart. Seine Entscheidungen haben die Stars zu akzeptieren. Ansonsten gibt es einen Denkzettel, wie etwa Toni Kroos oder Mario Mandzukic erleben mussten. Guardiola sage ihm immer, so Rummenigge: "'In dieser Beziehung bin ich Deutscher. Ich will Disziplin auf und neben dem Platz.' Wer da nicht mitzieht, den bringt Pep ganz schnell wieder in die Spur."
Bisher versteht es der 44-Jährige analog zu Heynckes, die Befindlichkeiten von 18 Nationalspielern zu moderieren. Jeder der Stars, ob Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Arjen Robben oder Franck Ribéry, landete schon einmal auf der Ersatzbank. Gleichzeitig stärkt Guardiola den vermeintlich Schwächeren im Kader den Rücken. Das kommt an. "
Er ist ein Trainer, der ganz genau weiß, was die Spieler fühlen und denken", lobt Schweinsteiger. Guardiolas Ideen seien "unglaublich". Wie seine Mannschaft.