Pep: "Dann gehe ich nach Hause!"

Vor dem Pokal-Halbfinale gegen Lautern holt Guardiola zum Rundumschlag aus: "Ich bin nicht Gott", sagt er. Die Hintergründe seiner emotionalen Rede.
von  Patrick Strasser, Florian Bogner

 

Vor dem Pokal-Halbfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern holt Bayern-Trainer Pep Guardiola zum Rundumschlag gegen seine Kritiker aus: "Ich bin nicht Gott", sagt er. Die Hintergründe seiner emotionalen Rede.

München - Schwarzer Pulli. Die dunkelbraunen Augen wach, sehr wach. Der Bart? Lang, sehr lang. Sieben Tage. Die Haare? Kurz. Eine Drei-Tage-Glatze. Für Pep Guardiola gibt es momentan Wichtigeres, als die perfekte Rasur.

Der Bayern-Trainer hatte sich etwas vorgenommen, das spürte man. Dienstagmittag, 13 Uhr, Presseraum des FC Bayern an der Säbener Straße: Der 43-Jährige spielte nicht Klein-Klein mit seinen Worten, kein feines, wie sonst zurückhaltendes Tiki-Taka.

Er wehrte sich. Drei Spiele ohne Sieg in der Bundesliga, eine 0:3-Watschn von Borussia Dortmund. Sie hat Spuren hinterlassen in Guardiolas Gesicht. Emotionaler war Pep nie seit Juni letzten Jahres, seit er den Job angetreten hat.

"Ich kann nicht immer gewinnen. I’m sorry. Ich bin nicht Gott!" Und: "Vielleicht habe ich einen großen Fehler gemacht!" Und weiter: "Dann gehe ich zurück nach Hause!"

Für Guardiola war es der perfekte Zeitpunkt, um einmal alles, alles rauszulassen: Der Tag vor dem DFB-Pokal-Halbfinale gegen Zweitligist und Super-Super-Außenseiter 1. FC Kaiserslautern (20.30 Uhr, ARD und Sky live). Denn dieses Spiel kann Bayern im Grunde nicht verlieren. Ob mit A-, B- oder C-Elf. Nicht mal mit Pech.

Und auch nicht mit Pep, dem "jungen, jungen Trainer" wie er sagt, dem zweimaligen Champions-League-Sieger mit Barcelona, der sich angeklagt fühlt. Und antwortet mit: einer großen, großen Verteidigungsrede. Die AZ bringt die wichtigsten Aussagen und erklärt, was Guardiola meint. Das Best of der 37 heißen Pep-Minuten. Zum Thema...

Abhaken der Bundesliga: Guardiola hatte gesagt, "die Bundesliga ist over, vorbei". Seit dem 3:3 gegen Hoffenheim hat er rotieren lassen, vor allem in Augsburg (0:1) ganz extrem. Pep sagt: "Vielleicht war es ein großer Fehler, ja. Aber die Liga ist vorbei. Und das ist mir noch nie so früh in meiner Karriere passiert. Im März!"

Zickzack-Kurs: Trotz der Spiele alle drei Tage versucht Guardiola im Training stets Neues einzustudieren, stellt im Spiel immer wieder um. Zu viel des Guten? Pep sagt: "Vielleicht! Ja, vielleicht. Ich werde mit den Spielern sprechen. Wir müssen sobald wie möglich zurück zu unserem Spiel. Wir müssen analysieren, warum. Ich muss die Lösung finden."

Zu wenig Training? "Wir haben letzte Woche so trainiert wie immer. So sind wir Meister geworden. Im März! Mit 25 Punkten Vorsprung vor dem BVB!" Immer wieder führte er die früheste Meisterschaft aller Zeiten auf – als Beleg seiner Arbeit. Gegen die Kritik.

Zu viel Rotation? Hat Guardiola seine Spieler außer Rhythmus gebracht? Außer Form rotiert? Pep sagt: "Vielleicht. Aber wir sind im März Meister geworden. Mit diesem System. Ich bin Trainer, ich treffe die Entscheidungen. Wenn nicht, sagen sie vielleicht: Vielen Dank Pep, aber wir wechseln den Trainer. Dann gehe ich zurück nach Hause."

Fehlende Motivation? "Die Spieler haben für nichts gespielt. Es ist meine Aufgabe, dass sie wieder für etwas spielen. Das ist meine Verantwortung. Ihnen zu zeigen: Jedes Spiel ist wichtig! Aber manchmal müssen wir auch verlieren, um uns zu verbessern." Ein kluger Schachzug. Er nimmt die Pleiten auf sich – als Gewinn.

Seine Arbeitsweise: "Vielleicht spreche ich zu viel. Aber mein Fußball ist sehr, sehr einfach." Immer wieder betont er das. Will sagen: Die Spieler sollten es schon verstehen können.

Die K.o.-Spiele: "Ich und die Spieler wissen, dass wir kein Finale erreichen werden, wenn wir so spielen wie die letzten drei Spiele. Nicht nur in der Champions League."

Seine Fähigkeiten: "Ich weiß nicht, ob ich ein guter Trainer bin. Ich weiß nicht, wie gut. Ich bin nur hier, um den Spielern zu helfen. Ich kann nicht immer gewinnen. I’m sorry. Ich bin nicht Gott – nein, das ist nicht das richtige Wort. Ich bin kein Trainer, der immer immer gewinnt. Ich habe nicht den Schlüssel dazu." Gut kokettiert. Eine Art Understatement, das er gern verwendet. Macht seine Erfolge umgekehrt größer. Clever.

 

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