Papiss, der Preuße - besser als Bayern

Im Winter noch als Risikogeschäft eingestuft, begeistert Stürmer Cisse die Fans im Breisgau. Acht Treffer hat er in dieser Saison schon für Freiburg erzielt – dank „deutschem“ Training.
von  Abendzeitung
Papiss Cisse, Freiburgs Top-Stürmer, hier im Duell mit dem Nürnburger Wolf.
Papiss Cisse, Freiburgs Top-Stürmer, hier im Duell mit dem Nürnburger Wolf. © dpa

Im Winter noch als Risikogeschäft eingestuft, begeistert Stürmer Cisse die Fans im Breisgau. Acht Treffer hat er in dieser Saison schon für Freiburg erzielt – dank „deutschem“ Training.

FREIBURG Manchmal geht Papiss Cisse vom Rasen wie ein Popstar. Er geht ein paar Schritte Richtung Seitenlinie. Dann bleibt er stehen. Er streckt die Arme in die Höhe, die Zuschauer im Freiburger Stadion stehen auf, und dann prasselt Beifall auf ihn herab wie warmer Regen.

Um jeden anderen müsste man sich danach ernsthaft sorgen machen, dass er die Bodenhaftung verliert bei so viel Euphorie. Für den 25-Jährigen gilt das nicht. Der Mann aus dem Senegal veranstaltet seine „One-Man-Show" nicht so oft. Normalerweise ist er freundlich, nett, zurückhaltend, preußisch zuverlässig und schießt Tore wie am Fließband.

Vor dem Duell der Badener beim FC Bayern am Freitag (20.30 Uhr, Liveticker auf abendzeitung.de) hat der Senegalese nach neun Spieltagen mit acht Treffern mehr Tore geschossen als die gesamte Mannschaft des Gegners. Cisse besser als Bayern? Auf den ersten Blick schaut die Sache aus wie ein Unentschieden: Bayern acht, Cisse acht. Genauer betrachtet hat Cisse aber die Nase vorne. Seine acht Treffer sind allesamt von ihm. Bei den acht der Bayern zählt das Eigentor des Mainzers Bo Sevensson mit.

Im Winter 2009/2010 galt Cisse, der vom FC Metz kam, noch als Risikotransfer. Weit über eine Million Euro teuer. Für den SC einer der teuersten Einkäufe der Klubgeschichte. Heute, fast ein Jahr später, wissen Robin Dutt, der Trainer, und Dirk Dufner, der Manager: sie haben einen Volltreffer gelandet. Papiss Cisse ist ein Bilderbuchstürmer in vielen Belangen.

Nach jedem Länderspiel mit dem Senegal staunt Dufner aufs Neue. Das Telefon von Dutt klingelt. Cisse meldet sich und sagt: „Trainer, alles in Ordnung, ich bin nicht verletzt und pünktlich zurück". Cisse komme dann auch pünktlich. Immer. „Da hat man von Spielern, die solche Reisen unternehmen müssen, schon ganz andere Dinge gehört", so der Ex-1860-Sportdirektor Dufner.

Die Investition hat sich für Freiburg längst gelohnt. Die Rendite allerdings könnte sich exorbitant erhöhen. Cisse hat bis 2014 unterschrieben. „Natürlich wollen wir ihn behalten, er fühlt sich wohl, wir fühlen uns wohl", sagt Dutt, und ergänzt: „Wenn er irgendwann doch geht, dann muss sich die Sache richtig lohnen."

Das heißt, wer den Mann mit der Torgarantie aus Freiburg weglocken will, muss tief in die Tasche greifen. Über 45 Millionen Euro haben allein die zwei Bayern-Stürmer Mario Gomez und Miroslav Klose gekostet. Ganz so viel würde Cisse natürlich nicht bringen. Und vorerst will er ohnehin weiter in Freiburg für Schlagzeilen sorgen. Dort ist er auf dem besten Weg, einige seiner Ziele zu erreichen. „Ich will mich in der Bundesliga durchsetzen", sagt er und grinst, wenn es um den „Traum" (Cisse) geht, die Torjägerkanone zu gewinnen. Jetzt erobert der vom FC Metz lange in die zweite französische Liga ausgeliehene Stürmer erstmal die Bundesliga und genießt aus gutem Grund jedes Training.

Cisse trainiert gerne „deutsch“, wie er sagt. „Die deutschen Mannschaften laufen viel mehr", ergänzt er. Und in Freiburg werde viel mehr trainiert als in Metz. Eben genau richtig für ihn. „Er ist sehr ehrgeizig und regt sich wegen jedem Schuss im Training auf, den er versemmelt", sagt Dufner. Der Afrikaner Cisse kehrt derweil seine preußischen Tugenden heraus. „Wer viel arbeitet, wird auch belohnt", glaubt er. „Und so lange ich morgens noch aufstehen kann, kann ich auch arbeiten." Kein Wunder, dass in Freiburg fest steht: So einen hatten sie hier noch nie.

Oliver Trust

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