Palhinha mittendrin: Kompany steht vor Leverkusen-Kracher vor 50-Millionen-Zwickmühle

Joao Palhinha hat beim FC Bayern bislang nur eine Reservistenrolle inne. Vor dem Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen steht Vincent Kompany vor einer Zwickmühle – und der 50-Millionen-Neuzugang ist mittendrin.
von  Bernhard Lackner

München - Dass der Saisonstart unter Neu-Trainer Vincent Kompany derart gut gelingen würde, hätten beim FC Bayern wohl nur die kühnsten Optimisten erwartet: Sechs Spiele, sechs Siege und satte 29 erzielte Tore. "Dieses Mal müssen wir es uns nicht mal schöntrinken", feixte Thomas Müller am Wochenende am Rande des Wiesn-Besuchs des Rekordmeisters. Und tatsächlich: Der Spätsommer, er könnte für die Bayern goldener kaum sein.

Wie die ersten Partien der neuen Spielzeit wirklich einzuordnen sind, wird sich aber erst am kommenden Samstag zeigen, wenn der aufmüpfige Double-Sieger aus Leverkusen zum Topspiel in die Allianz Arena kommt. Denn die ersten Gegner, so ehrlich werden sie auch an der Säbener Straße sein, taugten nicht zum Gradmesser für die Bayern.

Joao Palhinha ist bislang nur Reservist beim FC Bayern

Während der VfL Wolfsburg am ersten Bundesliga-Spieltag immerhin noch tapfer dagegengehalten hat und den Münchnern beinahe ein Remis abgerungen hätte, gaben sich zuletzt insbesondere Holstein Kiel, Dinamo Zagreb und Werder Bremen als dankbare Sparringspartner. Die erste wirkliche Standortbestimmung steht am Samstag an.

Womöglich wird dann auch Joao Palhinha erstmals eine Hauptrolle einnehmen. Der Portugiese wurde im Sommer für 50 Millionen Euro vom FC Fulham verpflichtet, hat seinen Stammplatz unter Kompany bislang aber auf der Bank. Einzig beim Kantersieg über Kiel durfte er von Beginn an ran, ansonsten kommt er auf drei Joker-Einsätze mit insgesamt 49 Minuten Spielzeit.

FC Bayern: Die Qualitäten von Joao Palhinha wurden bislang nicht gebraucht

Das Palhinha-Problem: Im bisherigen Saisonverlauf waren seine Qualitäten als zweikampfstarke "Holding Six" schlicht nicht gefragt. In den ersten sechs Pflichtspielen trafen die Bayern jeweils auf Gegner, die sich überwiegend auf die Defensivarbeit fokussiert haben. Um sie zu knacken, setzte Kompany meist auf eine spielstarke Doppelsechs mit Joshua Kimmich und Youngster Aleksandar Pavlovic.

Die Doppel-Sechs mit Joshua Kimmich und Aleksandar Pavlovic harmoniert bislang prächtig.
Die Doppel-Sechs mit Joshua Kimmich und Aleksandar Pavlovic harmoniert bislang prächtig. © IMAGO / Moritz Müller

TV-Experte Dietmar Hamann hinterfragte zuletzt den Transfer des Portugiesen. "Es wird sicherlich Spiele geben, in denen er gebraucht wird. Die Frage ist, ob das reicht", sagte der ehemalige Bayern-Spieler mit Blick auf die hohe Ablöse: "Wenn du einen Mann für 50 Millionen holst, dann gehe ich davon aus, dass er im Jahr 45 bis 50 Spiele macht." Davon ist Palhinha bislang noch weit entfernt.

Bezogen auf die Partie gegen Zagreb, als der Portugiese überhaupt nicht zum Einsatz kam, ordnete Hamann ein: "Das sind nicht die Spiele, in denen du einen Palhinha brauchst. Den brauchst du gegen bessere Mannschaften. Denn wenn er irgendwo Defizite hat, dann fußballerisch. Es liegt ihm natürlich auch nicht, wenn er reinkommt, es 5:0 steht und jeder macht Hacke, Spitze, eins, zwei, drei. Das ist auch nicht sein Spiel."

Palhinha wächst gegen spielstarke Gegner über sich hinaus

Gegen Bayer Leverkusen, das sich unter Trainer Xabi Alonso längst zu einer der spielstärksten Mannschaften Europas entwickelt hat, könnte der Portugiese mit seiner giftigen, aggressiven Spielweise erstmals richtig gebraucht werden. Es sind eben jene Spiele, für die der 29-Jährige verpflichtet wurde. Und es sind eben jene Spiele, in denen der Portugiese so richtig aufblüht.

Dies bestätigt auch ein Blick auf seine Zahlen aus der vergangenen Saison. Gegen die Top-Vier der Premier League zeigte Palhinha, damals noch im Trikot von Mittelfeld-Klub Fulham, mit seine stärksten Leistungen. Vor allem im Spitzenspiel gegen den späteren Meister Manchester City wuchs der Portugiese über sich hinaus und gewann 93 Prozent seiner Zweikämpfe, womit er seinen persönlichen Saisonrekord aufstellte. Auch gegen Vize-Meister FC Arsenal und Bayerns Champions-League-Gegner Aston Villa, ebenfalls zwei spielstarke Mannschaften, wusste er als Abräumer zu überzeugen.

Kompany hat eigentlich keinen Grund, seine Mannschaft zu ändern

Ob Kompany im Spitzenspiel gegen Leverkusen auf die Qualitäten des 50-Millionen-Neuzugangs setzen wird, wird sich zeigen. Angesichts der Ergebnisse in den vergangenen Partien hat der Belgier eigentlich keinen Grund, sein stark aufspielendes Secher-Duo aufzulösen. Kimmich strahlt auf seiner Paradeposition im Zentrum mittlerweile die in den vergangenen Jahren abhandengekommene Autorität aus.

Auch Pavlovic überzeugt mit starken Leistungen, für die er zuletzt sogar von Stürmer-Star Harry Kane geadelt wurde. "Er spielt großartig bis jetzt. Er zeigte es schon letzte Saison, aber ich glaube, dass er in unserem aktuellen Spielsystem sogar zu einer noch besseren Version von sich geworden ist", schwärmte der Torjäger von seinem elf Jahre jüngeren Mitspieler.

Die Kompany-Klemme: Sechser-Duo für Palhinha auflösen?

So steht Bayern-Coach Kompany vor dem Kracher gegen Leverkusen vor einer Zwickmühle. Lässt er Palhinha erneut auf der Bank, dürften unabhängig vom Ausgang der Partie Diskussionen über die Reservistenrolle des 50-Millionen-Mannes aufkommen. Löst er sein Sechser-Duo auf und sein Plan geht schief, wird ihm seine personelle Änderung zum Vorwurf gemacht.

Kompany wird gegen die Werkself in jedem Fall einen Erfolg brauchen, um die goldene Herbststimmung aufrechtzuerhalten. Egal ob mit Palhinha, oder ohne ihn. Willkommen beim FC Bayern – da zählen halt nur die Ergebnisse...

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