Olic: Joker mit Ablaufdatum

Manchester - Kein Wort, nichts zu Ivica Olic. Irgendwelche Gerüchte? Storys? Nichts. Die britische Presse schenkt dem Kroaten bei seiner Stippvisite im Norden Englands keine Beachtung. Auf Mario Gomez müsse Manchester City im letzten Gruppenspiel der Champions-League-Vorrunde (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet) besonders aufpassen hieß es, er sei „one man to watch”. Dass der „Daily Mirror” auch Bastian Schweinsteiger, wegen seines Aufbautrainings nach der Schlüsselbeinfraktur in München geblieben, in diese Kategorie erhob, sei nur am Rande erwähnt.
Aus Sicht des FC Bayern aber ist Olic „the man to watch” – der Spieler, für den es wirklich um etwas geht in Manchester. Er wird von einigen britischen Scouts beobachtet. Vor eineinhalb Jahren, im Frühjahr 2010, war der Kroate die unumstrittene Nummer eins im Sturmzentrum des FC Bayern, sein Anschlusstreffer zum 1:3 bei Manchester United ebnete damals den Weg ins Halbfinale, dort traf er beim 3:0 gegen Olympique Lyon dreimal.
Wie sich die Zeiten ändern. Seit etwas mehr als einem Jahr ist Gomez Bayerns Goalgetter und Olic entweder verletzt oder Reservist. Kein einziges Spiel hat der 32-Jährige in dieser Saison von Beginn an bestreiten dürfen, nicht mal das Pokaltrainingsspiel gegen den FC Ingolstadt (6:0).
Neunmal wurde Olic als Joker gebraucht, nur ein Tor steht auf der Habenseite. Unzufriedenstellend für den Mann, dessen größter Erfolg dieser Saison die Qualifikation für die Europameisterschaft 2012 mit der kroatischen Nationalelf war. In den Duellen mit der Türkei (3:0, 0:0) durfte Olic beide Male von Beginn an ran. Von Nationaltrainer Slaven Bilic bekommt er das Vertrauen. Und Bilic ist der Mann, mit dem er sich über einen möglichen Abschied vom FC Bayern schon im Januar berät. Denn die Teilnahme an der EM in Polen und der Ukraine ist für Olic das entscheidende Kriterium. Den im Sommer 2012 bei Bayern auslaufenden Vertrag wird er nicht verlängern – diese Tendenz steht.
Bleibt die Frage: Ersucht er die Bosse um eine vorzeitige Freigabe? Trotz des von Trainer Jupp Heynckes und Präsident Uli Hoeneß verhängten Transferstopps für die Winterpause? Der neueste Trend: Nicht unbedingt. „Bilic hat mir gesagt, dass es nicht darauf ankommt, ob ich vier Monate spiele oder mich so fit halte”, sagte Olic in „Sport Bild”. Der Linksfuß weiter: „Er hat gesehen, dass er immer auf mich zählen kann. Auch wenn ich bei Bayern nicht drankomme.” Eine EM-Ticket-Garantie, auch als Joker.
Gerüchte um Interessenten an Olic gab es zuletzt genügend. Angeblich arbeiten Galatasaray Istanbul, Juventus Turin, FC Villarreal sowie die Premier-League-Clubs AFC Sunderland und Newcastle United an einem Deal. Dem VfL Wolfsburg hat der 32-Jährige bereits abgesagt, ein Wechsel oder gar eine Rückrunden-Ausleihe innerhalb der Bundesliga scheint ausgeschlossen. Olic, Liebling der Bayern-Fans, ist unentschlossen: „Es ist nicht so, dass ich unbedingt gehen muss. Bis Winter müssen wir jetzt abwarten und dann gemeinsam entscheiden. Vielleicht ist es sogar besser, wenn ich bis zum Sommer bleibe. Vor allem für die Familie hätte das Vorteile.”
Die Tür für einen Abschied öffnet sich nur, wenn die Bayern einen Ersatz im Januar verpflichten wollen. Der SC Freiburg hat bereits signalisiert, Stürmer Papiss Demba Cissé (26 Jahre/neun Saisontore) für rund zwölf Millionen Euro gehen zu lassen. Doch der Senegalese würde im Januar für sein Land beim Afrika-Cup starten, eine ideale Integration bei Bayern wäre nicht drin. Es liegt also an Olic.