Ohne Plan B in die Zukunft

Das nächste Talent verlässt den FC Bayern. Es wird wohl nicht das letzte gewesen sein, weil der Klub seine Personal-Philosophie geändert hat.
von  Abendzeitung
Musterbeispiel: Philipp Lahm (25) kam mit elf Jahren vom FT Gern zu Bayern, wurde im Jugendinternat groß und schaffte den Sprung zum Stammspieler.
Musterbeispiel: Philipp Lahm (25) kam mit elf Jahren vom FT Gern zu Bayern, wurde im Jugendinternat groß und schaffte den Sprung zum Stammspieler. © Rauchensteiner/Augenklick

MÜNCHEN - Das nächste Talent verlässt den FC Bayern. Es wird wohl nicht das letzte gewesen sein, weil der Klub seine Personal-Philosophie geändert hat.

Wieder einer. Der nächste Jungspund hat aufgegeben. Kein Promi des Fußballs, sondern ein Talent. Ein großes sogar soll er sein, dieser Roberto Soriano, Stammspieler der U19 des FC Bayern. Am Sonntag wird er volljährig, zum Geburtstag bekommt er einen Profivertrag, nicht bei Bayern, sondern bei Sampdoria Genua, dem Tabellen-15. in Italiens Serie A.

Genua zahlt eine Ablöse für den Teenager, der 2007 mit der B-Jugend den Deutschen Meistertitel gewann und bei Bayern noch einen Vertrag bis zum 30. Juni 2010 hatte. „Er wird in Genua zuerst mit der Profimannschaft trainieren, und dann wird sein weiterer Weg bestimmt“, erklärte Werner Kern, Chef des „Junior-Teams“. Ciao, Roberto.

Wieder einer. Einer, der gescheitert ist am hohen Niveau beim FC Bayern, an der knallharten Talente-Auslese des Jugendinternats. 400 Euro als Aufwandsentschädigung plus Essensgeld sowie eine Bahnfahrt zu seinen Eltern hatte Roberto jeden Monat bekommen – einmal durfte er sogar Luca Toni zum Mittagessen begleiten. Half alles nichts.

Die wenigsten kommen durch. So wie Philipp Lahm etwa oder Michael Rensing. Der eine ist Weltstar und ab der kommenden Saison wohl neuer Kapitän, der andere seit dieser Saison Stammtorhüter. Auch Christian Lell und Andreas Ottl haben es aus der Jugend bis in den Profi-Kader geschafft, sie sind Ergänzungsspieler. Neben Lahm ist Bastian Schweinsteiger derjenige, der für den Ertrag des Internats steht. „Als Spieler aus der eigenen Jugend hat man es bei Bayern immer schwer, weil man nicht von vornherein das Standing hat wie Spieler, die für einige Millionen eingekauft wurden“, sagte Schweinsteiger und fügte hinzu: „Man braucht ein bisschen Glück und muss zur richten Zeit am richtigen Ort sein. Bei mir damals waren ein paar Stammkräfte verletzt, und so hatte ich die Chance mich in die Mannschaft zu spielen und schließlich Stammspieler zu werden.“ Klingt einfach. Ist es aber nicht.

Und zukünftig schon gleich gar nicht. Die Bayern haben einen Politikwechsel beschlossen. Weg von der Idee einer Mannschaft, bestehend hauptsächlich aus deutschen – oder zumindest im eigenen Internat großgezogenen – Spielern. Uli Hoeneß hatte einmal einen Traum. Mit Blick auf die WM 2006 wollte er den „FC Bayern Deutschland“ basteln. Ein Ziel sei das nie gewesen, eher eine Idee, sagt er rückblickend. Sie ging nicht auf. Nun starb auch Plan B, die ständige Auf- und Einbauarbeit zahlreicher Talente – endgültig. Hoeneß’ Erkenntnis: „Du kannst nicht die Champions League gewinnen wollen und gleichzeitig fünf Junge einbauen – das ist eben so.“

Es geht um die Gesetze des Geschäfts. Um Erfolg und um Geld. Also wurde am Wochenende nach Andreas Görlitz (zum KSC), Mats Hummels (zum BVB) und Georg Niedermeier (zum VfB) auch Supertalent Toni Kroos an Bayer Leverkusen ausgeliehen. Hoeneß: „Wir haben erkannt, dass es sehr schwierig ist für einen Trainer, auf der einen Seite Champions-League-Sieger werden und auf der anderen Seite zwei, drei junge Spieler einbauen zu wollen. Das eine schließt das andere fast aus. Wir müssen Titel gewinnen.“

Ohne Rücksicht auf Talente. Also werden fertige Spieler eingekauft. Siehe Ivica Olic (29/ablösefrei) und Anatolij Timoschtschuk (29/angeblich elf Millionen Euro Ablöse). Kroos soll sich derweil in Leverkusen bewähren – bei Bayern hatte er einen Franck Ribéry vor sich. „Der Wechsel war eine richtige Entscheidung, da ihm in München wenig Chancen eingeräumt wurden“, sagte Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld nun bei „Premiere“. Er hofft: „Kroos hat nun eine gute Chance, in Leverkusen Fuß zu fassen.“ Eben. Nicht beim FC Bayern.

P. Strasser, S. Maurer

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