Ohne Blutauffrischung

Geht der FC Bayern, der bislang auf teure Transfers verzichtet, mit seiner Zurückhaltung ein Risiko ein? Sportdirektor Nerlinger verteidigt den Sparkurs: „Die Mannschaft ist noch hungrig.“
MÜNCHEN Dieter Hoeneß hat sein Machtwort längst gesprochen: Stürmerstar Edin Dzeko (24) muss in Wolfsburg bleiben. Und so mutet es doch eher seltsam an, was die „Gazzetta dello Sport“ gestern vermeldete: Der FC Bayern wolle den Bosnier verpflichten. Trainer Louis van Gaal soll während des Trainingslagers am Gardasee gesagt haben: „Ich gebe keine Stellungnahmen zu Spielern ab, die ich noch nie gecoacht habe. Aber Edin ist ein wertvoller Stürmer, ich interessiere mich für ihn.“ Doch das war, bevor VfL-Manager Hoeneß allen Anfragen eine Absage erteilt hat.
Somit sieht es danach aus, dass die neuen Bayern quasi die alten sind. Sportdirektor Christian Nerlinger ist davon überzeugt, ohne Blutauffrischung auszukommen. „Natürlich beobachten wir den Markt“, sagte Nerlinger der AZ, „man weiß nie, was im August passiert, aber derzeit sind die Transferaktivitäten abgeschlossen.“ Aktivitäten? Auf die Transfers der umworbenen Verteidiger Gregory van der Wiel und Fabio Coentrao wurde verzichtet. Somit kehrten nur Leihspieler heim. Doch vom Quintett Edson Braafheid, José Ernesto Sosa, Andreas Ottl, Toni Kroos und Breno haben nur letztere zwei eine reelle Chance zu spielen.
Doch kann das gutgehen? Kein neu entfachter Leistungsdruck? Kein Konkurrenzkampf für die Etablierten? Als der Rekordmeister unter Trainer Jürgen Klinsmann in der Saison 2008/09 zuletzt auf Zugänge verzichtete, musste am Ende Jupp Heynckes die Champions-League-Qualifikation retten. Im Gegensatz dazu stand nach hohen Transferausgaben (2007/08: 85,2 Millionen Euro für u.a. Ribéry und Toni; 2009/10: 74,7 Millionen für u.a. Robben und Gomez) jeweils das Double.
In dieser Saison rüsten die Liga-Rivalen auf (s. unten). Auch international, bei den Champions-League-Konkurrenten, wird geklotzt. Der klamme FC Barcelona gönnt sich für 40 Millionen Euro WM-Star David Villa. Real Madrids neuer Coach José Mourinho umwirbt den Brasilianer Maicon und Sami Khedira.
Und van Gaal? Der Holländer verweist in Sachen Transfers auf die Chefs („Sache des Präsidiums“) und baut auf den jungen Linksverteidiger Diego Contento. Auch Sportdirektor Nerlinger meint: „Wir sind nicht sorglos, aber gelassen.“ Weil: „Die Mannschaft ist noch hungrig und längst nicht am Ende. Wir sind überzeugt davon, dass sich die Spieler noch entwickeln.“
jos, fil