Oddo: „Ich will mal Sportminister werden“

Was Massimo Oddo, Bayerns Leihgabe aus Mailand, in München für später lernen will.
von  Abendzeitung
Neuer Star für den FC Bayern: Massimo Oddo.
Neuer Star für den FC Bayern: Massimo Oddo. © firo / Augenklick

Was Massimo Oddo, Bayerns Leihgabe aus Mailand, in München für später lernen will.

AZ: Herr Oddo, Sie hatten in den letzten Wochen viel Zeit für Ihre Familie – dank eines Kung-Fu-Tritts, damals im Dezember in Stuttgart. Für drei Bundesligaspiele waren Sie gesperrt, konnten nur trainieren. Am Samstag gegen Köln dürften Sie wieder ran.

MASSIMO ODDO: Es war schlimm, der Mannschaft nicht helfen zu können - eine lange Zeit des Wartens. Daher bin ich jetzt um so motivierter. Ich hoffe, dass ich zeigen kann, was ich drauf habe.

Ganz ungelegen kam die Zwangspause nicht, oder? Sie sind nach Weihnachten zum zweiten Mal Vater geworden.

Ja, mein Sohn Francesco, ich habe ihn nach meinem Vater benannt, ist wunderbar. Aber der Kleine erkennt mich ja noch überhaupt nicht.

Sie sind seit August 2008 für eine Saison vom AC Mailand ausgeliehen, leben alleine in München. Wann kommt die Familie nach?

Meine Frau war schon schwanger, als ich nach München kam, deshalb haben wir entschieden, dass sie in Italien bleibt. Aber so ein halbes Jahr getrennt von der Familie würde ich nicht mehr machen. Auch wenn ich sie letzte Woche gesehen habe, vermisse ich Claudia und meine beiden Jungs (der ältere heißt Davide, d. Red.) sehr. Sollte ich hier einen neuen Vertrag bekommen, kommt die Familie sicher nach München.

Wie sieht es mittlerweile mit Ihren Deutsch-Kenntnissen aus?

Ach, ganz gut. würde ich sagen. Ich gehe zum Unterricht und lerne. Für mich ist das eine Frage des Respekts gegenüber den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Aber es ist schwerer, als ich dachte. Gott sei Dank kommt man in München mit Italienisch und Englisch ziemlich weit.

Was wohl auch daran liegt, dass Sie viel Zeit mit Luca Toni verbringen?

Nicht nur. Klar, ich bin viel mit Luca zusammen und wir sind oft in italienischen Restaurants. Aber München ist eine weltoffene, tolerante Stadt. Die Münchner haben viel Verständnis für Leute, die ihre Sprache nicht so gut beherrschen.

Aber wer spricht denn besser. Luca oder Sie?

Ich natürlich. Luca fällt es noch schwerer als mir. Aber er versteht viel. Auch, wenn er manchmal so tut, als ob er gar nichts verstehen würde.

Toni sagt ja oft, dass ihm das Lernen schon in der Schule nicht leicht gefallen sei.

Da bin ich ein bisschen anders. Für mich waren Lernen und Kopfarbeit immer essentiell.

Sie studieren ja auch.

Ja, erst Jura, mittlerweile Sport-Ökonomie. Mir war immer klar, dass ich studieren möchte. Fußball spielen ist schön, aber nicht alles. Mir gefällt es, meinen Kopf arbeiten zu lassen, zu studieren – wie ein ganz normaler Junge, wahrscheinlich ist das bei mir auch eine Frage der Erziehung. Mein Vater war ja auch Fußballer und hat in der SerieA verschiedene Mannschaften trainiert. Aber er hat mich immer gefordert, auch meinen Kopf arbeiten zu lassen.

Können wir also davon ausgehen, dass Sie irgendwann mal Manager bei einem Fußballverein werden wollen?

Das ist möglich, ja. Aber mein Traum wäre das nicht. Aber vielleicht sollte ich meinen Traum nicht verraten, sonst halten Sie mich noch für verrückt.

Jetzt haben Sie uns aber erst recht neugierig gemacht!

Na gut. Am liebsten würde ich in die Politik gehen: Ich will irgendwann mal Sportminister werden. Verrückt, oder?

Eigentlich nicht. Dennoch: Wieso gerade Politik?

Italien hat viele Probleme. Auch im Sport. Es treiben zu wenige Menschen aktiv Sport. Und die Spiele zu besuchen, ist oft gefährlich. In Italien ist es bisweilen unmöglich, mit Kindern ins Fußballstadion zu gehen.

Woran liegt das?

Die Stadien sind zu alt, das zum einen. Aber das Hauptproblem ist eine Mentalitätsfrage. Man kümmert sich zu wenig, viele Probleme werden in Italien einfach hingenommen. Etwa das Problem der Hooligans. Natürlich gibt es da mittlerweile Gesetze und Beschränkungen, aber das Phänomen an sich wird einfach hingenommen, die Frage, wieso sich Woche für Woche Menschen zum Prügeln und Randalieren treffen, wird zu selten gestellt. Und es wird zu wenig durchgegriffen.

Wie meinen Sie das?

Was passiert denn in Deutschland, wenn jemand im Stadion randaliert? Er wird eingesperrt, oft schon im Stadion. Die Zellen in den Stadien halte ich für sehr sinnvoll. Die wirken abschreckend. Und sie sind wirkungsvoll, weil die Polizei etwas tun kann. So etwas fehlt in Italien.

Also ist Ihr Aufenthalt in Deutschland auch eine Art Erfahrungsschule für Sie?

Absolut. Man kann viel lernen in Deutschland. Sehen Sie, hier gehen Väter mit ihren Kindern ins Stadion und müssen keine Angst haben. Hier treffen sich in den meisten Fällen Fans beider Mannschaften auf der Straße, alle haben sie vielleicht schon ein Bier getrunken, aber es passiert nur selten etwas. Die Fans sind fair in Deutschland. Obwohl sie auch leidenschaftlich sind. Das gefällt mir sehr gut.

Interview: Filippo Cataldo, Stefan Maurer

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