O’juppt is! Die fröhliche Familienzusammenführung
MÜNCHEN - Eine Hoffnung namens Heynckes: Der neue Interims-Coach belebt das Wir-Gefühl beim FC Bayern wieder. Der Jupp heiligt die Mittel, die Bayern sind zurück.
Eigentlich fehlte nur, dass sich Franz Beckenbauer, als Premiere-Experte im Stadion, das Mikrofon geschnappt hätte und seinen Klassiker „Gute Freunde kann niemand trennen“ live zum Besten gegeben hätte.
Er hatte was von fröhlicher Familienzusammenführung inklusive eines Fußballspiels, dieser Samstagnachmittag in der Allianz Arena. Ein 2:1 gegen Abstiegskandidat Gladbach – hingezittert zwar, aber eben erfolgreich. Dank Heynckes, dem Jupp, dem Freund vom Uli, dem Hoeneß. Und der Mull, der gute alte Arzt Müller-Wohlfahrt, saß auch wieder auf der Bank. Retro ist in beim Rekordmeister.
Der Jupp heiligt die Mittel, die Bayern sind zurück. Viel wichtiger: Das gute Gefühl ist zurück. Endlich wieder richtig jubeln, ganz frei, ganz losgelöst. Bei den letzten Siegen gegen Frankfurt (4:0) und in Bielefeld (1:0) hatte es noch Klinsmann-raus-Sprechchöre gegeben. Alles Vergangenheit. Als wäre es Jahre her, und nicht nur eine Woche.
„Er hat nichts verlernt“, sagte Beckenbauer über Heynckes (63), „auch wenn er ein paar Jahre eine Auszeit genommen hat: Ich habe die Bilder gesehen, die ersten Eindrücke von ihm auf dem Trainingsplatz: Es ist so, als ob er nie weggewesen wäre.“ Eine Woche Heynckes – und die Bayern haben die Uhren zurückgestellt. Auf die Interims-Zukunft. Und wenn sie weiter so siegen, dürfen sie am 23. Mai schunkeln. Mit der Schale auf dem Rathaus-Balkon.
Gut, Felix Magath – auch mal in München, aber ein nie so richtig lieb gewonnenes Mitglied der Bayern-Familie – hat 4:0 mit seinen Wolfsburgern gegen Hoffenheim gewonnen. Doch schwere Spiele stünden für Magath an, sagte Hoeneß. Zudem könne Miroslav Klose schon am Dienstag wieder mit der Mannschaft trainieren, womöglich Samstag in Cottbus auf der Bank sitzen. Da ist dann auch Franck Ribéry nach seiner Gelbsperre wieder spielberechtigt. Lauter gute Aussichten für Bayern.
Vor allem, weil Heynckes manchen Spieler im Training jeden Tag ein bisschen besser gemacht hat. Lukas Podolski etwa, auf den er als zweiten Stürmer setzt. Heynckes: „Er hat eine gute Leistung gebracht, vor allem mannschaftsdienlich gespielt, sich gut bewegt.“ Und das 2:1 von Hamit Altintop, einem weiteren Heynckes-Gewinner, vorbereitet. Auch Bastian Schweinsteiger, vor Wochenfrist unter Klinsmann gegen Schalke (0:1) nur auf der Bank, zeigte sich stark verbessert – weil der Coach ihn stark gemacht hat. „Wir haben das Gefühl, dass die Mannschaft in guten Händen ist, die Spieler sind zufrieden“, sagte Hoeneß.
Sie spielen den Jupp-Fußball, nicht den Hurra-Stil von Klinsmann. Heynckes ist ein ruhiger, bedächtiger, sachlicher Mensch – so lässt er spielen. „Die Mannschaft hat ruhiger gespielt“, analysierte Beckenbauer, „nicht von Anfang an gleich in den ersten 20 Minuten versuchen, das Spiel zu entscheiden. Das Spiel dauert 90 Minuten und nicht 20 Minuten.“ Und bis zum Titel sind es womöglich nur noch 360 Minuten. Eine Prämie bekommt Heynckes freilich, „da werden wir sehr großzügig sein", erklärte Beckenbauer.
Der Umschwung ist geschafft – o’juppt is! Beckenbauer schwärmte: „Ich denke, der Jupp wäre der richtige Trainer. Zehn, 15 Jahre jünger – dann wäre er der Richtige!" Ein 63-Jähriger als Vitaminspritze. Ab sofort heißt das Motto: Bayern sucht den Superjupp.
Patrick Strasser