Nun beginnt der Kampf um die Sechs beim FC Bayern: João Palhinha ist da

München – Unwahrscheinlich, dass Thomas Tuchel sich am Dienstagnachmittag bei fcbayern.tv eingewählt hat. Wobei: Das Programm hätte ihm sicher gefallen. Gegeben wurde das Stück "Der FC Bayern und die Holding Six". In der Hauptrolle: João Maria Lobo Alves Palhinha Gonçalves, geboren und aufgewachsen in Lissabon, fußballerisch zuhause im defensiven Mittelfeld. Genauer gesagt: auf der Sechs. Exkurse auf die Acht oder gar die Zehn? Sind nicht überliefert.
Der gerade 29 Jahre alt gewordene Portugiese gilt als ein Mann, der da bleibt, wo man ihn hinstellt: auf der Sechs. Und so einen vermissen sie beim FC Bayern seit dem Abschied von Javi Martinez – also seit drei Jahren.
Tuchel wollte vor einem Jahr die "Holding Six" – jetzt ist Palhinha da
Die Willkommens-Pressekonferenz für den Mann vom FC Fulham hätte ja schon vor knapp einem Jahr über die Bühne des Presseraums in der Allianz Arena gehen sollen. Die Ablösesumme (65 Millionen Euro) war schon ausgehandelt, der obligate Medizin-Check überstanden, sogar Fotos im Bayern-Trikot waren bereits im Kasten – als der Deal am 1. September in allerletzter Sekunde doch noch platzte, weil Fulham keine Alternative für den Wechselwilligen auftreiben konnte.
Zum großen Frust des damaligen Bayern-Coaches Tuchel, der wochen- und monatelang in bester Pep-Manier wenig verklausuliert gefordert hatte: Palhinha oder nix! Es wurde dann nix. Am Saisonende sogar überhaupt nix.
Bayern muss 15 Millionen Euro weniger für Palhinha bezahlen
Unmittelbar nach der EM war der Vertrag unterschrieben worden, mit einer um 15 Millionen Euro günstigeren Ablösesumme aus Bayern-Sicht. Und jetzt ist er also wirklich da, am Montagvormittag erstmals in die Tiefgarage an der Säbener Straße gerollt, erste Leistungstests absolviert und tags darauf dann der Antrittsbesuch am künftigen Arbeitsplatz in Fröttmaning. Dort hielt er nach den ersten Sätzen für die Reporter das Bayern-Leibchen mit der Nummer 16 in die Kameras.
Das Wort, das er in den ersten 20 Minuten in der Allianz Arena am häufigsten gebrauchte? Stolz. Dass die Bayern ein zweites Mal auf ihn zugekommen sein. Dass er mit all diesen tollen Spielern, von denen er ein paar ja schon kenne, nun zusammenspielen dürfe. Dass man ihn mit Javi Martinez vergleiche. Dass Thomas Tuchel vor einem Jahr so sehr um ihn gekämpft habe und was nun auch für dessen Nachfolger Vincent Kompany getan habe. Wörtlich klang das so: "Die ersten Eindrücke waren wirklich toll. Ich freue mich darauf, endlich das Trikot des FC Bayern zu tragen."
Eberl: "Holding Six wird gar nicht so häufig verwendet"
Max Eberl, der nun endlich Vollzug melden konnte, zeigte sich erleichtert: "Wenn man über so lange Zeit an einem Spieler baggert, muss man von einem Wunschtransfer sprechen. Er ist ein großartiger Spieler. Das hat Bayern schon letztes Jahr erkannt, umso glücklicher sind wir, dass er jetzt hier ist."
Die leidige Diskussion des Vorjahres versuchte er abzumoderieren: "Holding Six wird gar nicht so häufig verwendet. Lasst uns einfach über einen defensiven Mittelfeldspieler sprechen. Für uns war immer klar, dass er ein wichtiges Puzzlestück ist, das wir brauchen. Vom Typ Stabilisator ist er wichtig. Das möchte ich nicht als Kritik an anderen verstanden wissen. Diese Position hat bei Bayern eine sehr große Historie, deswegen sind wir froh, dass er sich für Bayern entschieden hat. Es zeigt seinen Charakter, dass er nach einer Situation, die wirklich nicht schön war, wieder so eine Saison für Fulham gespielt hat."
Aber der Portugiese ist nicht die einzige Wahl
Und wie wird das defensive Mittelfeld bei Bayern künftig aussehen? Der Portugiese sagte: "Wenn wir über Goretzka, Kimmich oder Laimer sprechen - jeder kann diese Position spielen." Und Eberl weiß: "Die Konkurrenzsituation wird extrem."
Was die Arbeitskollegen Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Aleksandar Pavlovic und Konrad Laimer von dem Neuen halten? Man weiß es (noch) nicht. Das hochkarätige Quartett würde ebenfalls ganz gern auf dieser Sechs spielen, was nicht nur dem neuen Coach, sondern auch den Kaderplanern Max Eberl und Christoph Freund wohl noch so einiges Kopfzerbrechen bereiten dürfte.