Nübels Doppelrolle beim FC Bayern: Lehrling und Herausforderer
München - Genau 53 Pflichtspiele für Schalke, davon 46 in der Bundesliga. Wie viele kommen in nächster Zeit hinzu für Alexander Nübel, den neuen Torhüter des FC Bayern?
Nicht so viele vermutlich. Der 23-Jährige wird eher Erfahrungen denn Spielpraxis sammeln in seinem ersten Jahr an der Säbener Straße. Aber er ist zufrieden damit – vorerst.
Was soll er auch sagen? Mit Nationaltorhüter Manuel Neuer (34) hat er einen Weltklasse-Keeper vor sich, mit Sven Ulreich (32) einen Konkurrenten um die Stellvertreter-Rolle, der wohl in fast jeder anderen Bundesliga-Mannschaft Stammkraft wäre.
Nübel über Bayern-Wechsel: "Bewusst gewählt"
Nübel auch. Dennoch hat er sich für das Angebot der Bayern entschieden und damit die Münchner ablösefrei einen Perspektivkeeper bekommen. Am Donnerstag stellte er sich in einer Video-Pressekonferenz den Medien. Die erlebten einen selbstbewussten, klaren Profi. "Es war einer der größtmöglichen Schritte, den ich aber bewusst so gewählt habe", erklärte Nübel die Luftveränderung nach fünf Jahren auf Schalke.
"Wehmut" sei schon dabei, aber er wollte eben "mal was Neues kennenlernen. Da entwickelt man sich weiter. Nur mit neuem Input kannst du dich weiterentwickeln."
Auf die Frage, ob er aktuell eher Lehrling oder Herausforderer von Neuer sei, antwortete Nübel: "Beides. Ich weiß schon, was ich kann. Trotzdem habe ich noch einiges zu lernen, ich bin noch extrem jung." Wenn man Nübel sprechen hört, weiß man, warum der FC Bayern diesen Torhüter unbedingt haben wollte und die Verpflichtung bereits im Januar perfekt gemacht hat.
"Nicht ohne Grund hat mich der FC Bayern geholt. Ich will der bestmöglichste Herausforderer sein, damit die Trainingsqualität immer möglichst hoch ist." Und seine Ziele? "Ich bin hier und schaue mir alles an. Ich will bestmöglich trainieren, um meinen Standard wieder zu erreichen. Ich habe mir keine Anzahl an Spielen als Ziel gesetzt."
Nübel: Einsatzgarantie vertraglich geregelt?
Aber gibt es nicht eine vertragliche Zusicherung von Einsätzen? Ein Minimum, um ihn zufriedenzustellen in der Stellvertreter-Rolle? "Zu Vertragsinhalten äußere ich mich nicht" – was ja auch Vereinslinie ist. Eine fixierte Anzahl wäre höchst ungewöhnlich und für Trainer Hansi Flick in der Einzelfallentscheidung vor einer Partie auch schwierig zu handhaben.
Jetzt ist erstmal Geduld gefragt in der Rolle des Zuschauers von der Bank. "Das gehört als Torwart dazu, mehr als bei Feldspielern. Da wirst du halt nicht am Ende mal für zehn oder 20 Minuten reingeworfen", weiß der gebürtige Paderborner und versichert: "Ich versuche, so lange wie möglich geduldig zu bleiben. Keiner weiß, wie es verlaufen wird. Bisher war alles sehr gut."
Nübel mit leiser Kampfansage Richtung Neuer
Nübel vergleicht seine aktuelle Situation bei Bayern mit der in seiner Schalker Anfangszeit: "Auf Schalke war die Aussicht ähnlich. Damals war Ralf Fährmann, glaube ich, nah an der Nationalmannschaft dran. Ich konnte von ihm extrem viel mitnehmen, und dann durfte ich vor anderthalb Jahren seinen Job übernehmen. Ähnlich versuche ich es hier auch." Also doch eine Kampfansage, zumindest eine leise.
Und der Unterschied zwischen den Königsblauen aus Gelsenkirchen und den Bayern? "Der Ehrgeiz innerhalb der Gruppe", findet Nübel, sei schon ganz anders. Selbst "bei Trainingsspielen brauchst du fast keinen Trainer draußen, der da irgendjemanden motivieren muss. Das läuft alles intern. Jeder will alles gewinnen, das spürst du hier jeden Tag." Erste Lektion gelernt.
Von Neuer wolle er sich einiges abschauen: "Die Lockerheit und trotzdem im Training immer voll da zu sein. Er macht alles spielerisch, ist aber trotzdem immer auf den Punkt da. Er hilft mir, wie ich stehen muss. Das ist sehr hilfreich, um mich gut weiterzuentwickeln."
Und so vom Lehrling immer mehr zum Herausforderer zu werden.