Noussair Mazraoui beim FC Bayern: Einmal Stammelf und zurück
München – Es lief die 50. Minute des DFL-Supercups zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig. Serge Gnabry (28) suchte von rechts mit einem Querpass Mathys Tel (18). Dieser geriet jedoch zu ungenau. Es war die nächste vertane Großchance des Rekordmeisters.
Möglich gemacht hatte diese ein beherzter Antritt von Noussair Mazraoui (25). Der Marokkaner setzte sich im Mittelfeld gegen drei Leipziger durch und öffnete Gnabry erst dadurch die Tür.
Noussair Mazraoui: Unauffällige Ankunft beim FC Bayern, auffälliger Spielstil
Dabei passte Mazraouis Ankunft in München so gar nicht zu seinem spektakulären Spielstil. Als erster Transfer des Bling-Bling-Sommers 2022 kam der gebürtige Niederländer zum FC Bayern.
Ohne großes Verkündungsvideo, ablösefrei und als einfacher Rechtsverteidiger, nicht als Superstar wie Sadio Mané (31) oder Defensivleader wie Matthijs de Ligt (24). Dazu mit der Rückennummer 40.
Unauffällig in seiner Erscheinung, äußerst auffällig im Spielstil: Nach anfänglichen Schwierigkeiten erarbeitete sich Mazraoui bei Julian Nagelsmann (36) einen Stammplatz und gab dem Team nicht nur Kreativität und Dynamik über die rechte Seite, sondern füllte auch die Lücken auf, die Joshua Kimmich (28) und Leon Goretzka (28) in der Vorwärtsbewegung hinterließen.
"Besser durch Leistung als durch Interviews glänzen": Tuchel zählt Mazraoui öffentlich an
Der FC Bayern wirkte offensivstark, kreativ – und vor allem auch defensiv sicher. Vor der Winterpause gab es zehn Siege am Stück in allen Wettbewerben. Erfolge wie gegen den SC Freiburg (5:0), Mainz 05 (6:2) oder Werder Bremen (6:1) sorgten dafür, dass der Rekordmeister als erstes Team in Europa die 100-Tore-Marke knacken sollte.
Zuerst stand allerdings die WM an und von der kam Mazraoui mit Herzbeutelentzündung zurück. Bedeutet: Bayerns Rechtsverteidiger musste einige Monate passen. Erst unter Thomas Tuchel (49) kam er wieder richtig zum Zug – oder auch nicht. Denn der neue Übungsleiter wusste nur wenig mit Mazroaui anzufangen. Einzig aufgrund des Muskelbündelrisses von Alphonso Davies (22) kam er auf Minuten.
Von der Stammelf war der Marokkaner weit entfernt – und machte seinem Ärger öffentlich Luft: "Es fühlt sich an, als wäre ich – auch wenn das ein großes Wort ist – vergessen worden", erklärte Mazroaui in der "Bild".
Tuchels Antwort: Seine Spieler sollen "noch viel besser durch Leistung als durch Interviews" glänzen. Wenn man nur fünf Minuten bekomme, müsse man in diesen fünf Minuten liefern. Rumms. Mazraoui selbst schloss auch einen Wechsel nicht aus: "Ich bin ein Kämpfer. Aber wenn die Situation so bleibt, ist das nicht das, was ich will! Und nicht das, was ich verdient habe."
Fehlende Konkurrenz: Der FC Bayern zwingt sich bei Noussair Mazraoui selbst ins Glück
Die Situation blieb aber nicht so. Verantwortlich dafür waren alle Parteien gleichermaßen: Mazraoui fand wieder zu seiner Topform. Thomas Tuchel konnte den Aufwärtstrend, auch nach dem ersten Bundesligator des Marokkaners gegen Schalke (6:0), nicht mehr übersehen – und der FC Bayern?

Zwang sich durch seine Transferpolitik gewissermaßen selbst ins Glück. Da Pavard den Verein verlassen will, Stanisic bereits nach Leverkusen verliehen wurde – sogar direkt im Kader für das Bundesligaspiel in Mönchengladbach steht – und Bouna Sarr (31) ohnehin nie ein Thema für die Stammelf war, ist Mazraoui inzwischen auf seiner Seite konkurrenzlos. Besonders Letzteres soll, in den verbleibenden Tagen des Transferfensters noch geändert werden.
In dubio pro Alphonso Davies: Kämpft sich Noussair Mazraoui auch defensiv wieder heran?
Auch dann stellen sich zwei Fragen: Wer würde kommen? Und wenn jemand kommen würde, welche Auswirkungen hätte der Transfer auf Mazraoui? Davies über die gegenüberliegende Spur ist nicht minder offensivstark und hat den Vorteil, zusammen mit Kumpel Jamal Musiala (20), zu Bayerns Vorzeigespielern zu gehören. Beide werden von Verein wie Ausrüster Nike intensiv gepusht und sollen, noch dieses Jahr, langfristig an den FC Bayern gebunden werden.
Im Zweifel fällt die Entscheidung für den Kanadier – und einen defensiveren Außenverteidiger auf der rechten Seite, um die Innenverteidigung bei gegnerischen Kontern keinen Unterzahlsituationen auszusetzen. Nicht zuletzt deswegen wollte Tuchel unbedingt Kyle Walker (33) im Team haben.
Für Mazraoui hingegen gilt es, Tuchel davon zu überzeugen, dass er auch den defensiveren Aspekt beherrscht und sehr wohl auch mit Davies zusammen auf dem Platz stehen kann. Einmal ist es ihm bereits gelungen.