Niederlage gegen ManCity: Ein heilsamer Schock

Manchester - Zwischen Geburtstagsständchen und Eröffnung des Buffets im Ballsaal des Teamhotels „The Lowry“-Hotel hatte Karl-Heinz Rummenigge dann doch noch eine kleine Spitze versteckt, eine leise ausgesprochene Kritik.
Mit Blick auf die Bundesliga-Partie bei Hertha BSC sagte Rummenigge: „Am Samstag geht es um drei wichtige Punkte, dafür viel Glück und ein Stück Konzentration in den entscheidenden Sekunden, die man manchmal braucht.“
Es war eine Stunde vor Mitternacht in Manchester, die Gratulation für Xabi Alonso galt also noch, der Spanier war 33 Jahre alt geworden und bekam einen Mini-Kuchen samt Kerze. Die rund 250 Gästen sangen ihm ein „Happy Birthday!“
Die allgemeine Stimmung war jedoch gedrückt nach dem 2:3 bei Manchester City. Eine knappe Niederlage beim englischen Meister hätte man zuvor sicher akzeptiert, doch nach diesem Spielverlauf glich die Laune wie dem trüben, fast schon frostigen britischen Wetter. „Wir haben uns nicht belohnt für unser gutes Spiel, das ist ärgerlich. Wir haben es eigentlich klasse gemacht und hätten als Sieger vom Platz gehen müssen“, klagte Torhüter Manuel Neuer, „alle Tore haben wir quasi selbst fabriziert“. Wahre Worte.
Lesen Sie hier: Bayern-Schlappe als Warnung: "Dann bist Du raus"
Nutznießer war jeweils der argentinische Stürmer Sergio Agüero.
Patzer eins (22. Minute): Die Rote Karte nach Notbremse im Strafraum für Medhi Benatia. Der Verteidiger, für 26 Millionen Euro vom AS Rom verpflichtet, erhielt eine Schelte von Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer bei „Sky“: „Den Elfmeter musst du pfeifen. So dumm kann ich als Profi nicht hingehen.“ Das Bankett verließ der Marokkaner ziemlich geknickt als einer der Ersten, nun erwarten ihn womöglich zwei Spiele Sperre.
Patzer zwei kam von Geburtstagskind Alonso (85.), Bock Nummer drei von Jérome Boateng (90.+1) – zuvor die stärksten Bayern. „Ich hasse Niederlagen, gerade wenn du so toll gekämpft hast und dich am Ende nicht belohnst“, sagte Boateng, „da tut es besonders weh.“
Aber kann diese in der Tabelle folgenlose Pleite (Bayern war schon zuvor als Gruppenerster fürs Achtelfinale qualifiziert) auch einen positiven Effekt haben? „Diese Niederlage hat keinen Schaden angerichtet, wird der Stimmung nicht schaden“, sagte Rummenigge, „Es gibt keinen Grund etwas zu dramatisieren. Wir haben 18 Spiele seit Beginn der Saison gespielt, wir waren 18 Mal ungeschlagen.“
Doch sind die Dusseligkeit und die Unkonzentriertheiten ein Trend? Nein, denn zuvor hatte man Manchester City trotz 70 Minuten in Unterzahl im Griff, was die Zahlen belegen: 700 zu 535 Pässe, starke 56 Prozent Ballbesitz. Ein heilsamer Schock also? Vor jedem Triumph in der Champions League gab es solch einen Lerneffekt.
2001: Damals verlor Bayern in der zweiten Gruppenphase mit 0:3 bei Olympique Lyon, danach hielt Beckenbauer, damals Präsident, seine legendäre Wut-Rede („Altherrren-Fußball! Uwe-Seeler-Traditionself!“). Wenige Wochen später holte man, dadurch angestachelt, in Mailand den Pott.
2013: Vor dem Wembley-Wahnsinn (2:1 über Dortmund) stand der Arsenal-Schock. Ein weiteres Gegentor beim 0:2 zu Hause im Achtelfinale und man wäre ausgeschieden.
Trainer Pep Guardiola, der im 76. Pflichtspiel erst seine achte Pleite erleben musste, sagte: „Ich bin sehr, sehr stolz auf meine Mannschaft. Es ist gut, dass es passiert ist. Vielleicht ist es eine Lehre für uns. Denn wenn so etwas im Achtelfinale oder Viertelfinale passiert, bist du raus.“ Wenn nicht, womöglich Champion. Am 6. Juni 2015 in Berlin.