Nie war ein FC-Bayern-Trainer mächtiger: Tuchels neue Doppelrolle birgt jedoch auch Gefahren

München - Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, Jan-Christian Dreesen, Herbert Hainer, Marco Neppe und Thomas Tuchel. So heißt es also, das Transfer-Team, das den FC Bayern nach einer ernüchternden Saison durch die spannendste Transferperiode der jüngeren Vereinsgeschichte führen wird.
Spannend wird vor allem die Rolle von Trainer Tuchel sein. Obwohl der 49-Jährige erst im vergangenen März übernommen hat und danach innerhalb weniger Wochen sowohl aus dem DFB-Pokal als auch aus der Champions League geflogen ist – eine Bilanz, bei der gar mancher Übungsleiter wohl seinen Hut nehmen müsste –, wurde er von der neuen Führungsriege mit Kompetenzen ausgestattet, von der seine Vorgänger nur träumen konnten.
Trainer und Kaderplaner: Neue Doppelrolle für Tuchel beim FC Bayern
Der Grund: Nach der Trennung von Hasan Salihamidzic geht der FC Bayern ohne klassischen Sportchef in die Sommer-Transferperiode. Stattdessen setzen die Verantwortlichen auf die sportliche Expertise des gebürtigen Krumbachers, der das entstandene Vakuum bis zur Verpflichtung eines neuen Sportvorstandes in einer Doppelrolle als Trainer und Kaderplaner ausfüllen soll.
Eine anspruchsvolle, aber auch extrem reizvolle Aufgabe, die Tuchel bereits aus seiner Zeit beim FC Chelsea kennt. In England wird die Rolle des Trainers – beziehungsweise Managers, wie es auf der Insel heißt – seit jeher anders interpretiert als in Deutschland.
Während sich das Aufgabenfeld eines Übungsleiters hierzulande insbesondere auf Aufstellung und Taktik beschränkt und die Kaderplanung im Kompetenzbereich eines Sportdirektors oder Sportvorstandes liegt, vereinen die Manager in England beide Rollen. Sie können sich ihre Mannschaften also weitgehend nach eigenem Gusto zusammenstellen.
Bosse machen Millionen locker: Tuchel darf die Mannschaft des FC Bayern umbauen
Für Tuchel ist die Doppelrolle in der anstehenden Transferperiode eine riesige Chance. Nach der enttäuschenden und alles andere als rund verlaufenen Vorsaison steht im Kader ein Umbruch an. Sein Wort wird dabei großes Gewicht haben.
Die Verantwortlichen haben bereits betont, die nötigen finanziellen Mittel dafür freimachen zu wollen. Neben einem defensiven Mittelfeldspieler auf Weltklasse-Niveau wird insbesondere ein klassischer Neuner gesucht. Für den Nachfolger von Robert Lewandowski könnte erstmals sogar die Ablöse-Schallmauer von 100 Millionen Euro fallen, deutete Präsident Hainer erst am Sonntag an.
"Wir werden viel Geld ausgeben", sagte der Bayern-Präsident bei "Bild-TV". Man suche "einen Stürmer, der die Qualitäten des FC Bayern hat, um uns in den nationalen und internationalen Wettbewerben mitspielen lassen zu können". Und der wird nun mal einiges kosten.

Suche nach Salihamidzic-Nachfolger: FC-Bayern-Verantwortliche lassen sich Zeit
Auch wegen Tuchel sehen die Verantwortlichen auf der Suche nach einem Nachfolger für Salihamidzic zunächst keine Eile. "Bei uns geht Qualität vor Schnelligkeit", erklärte Hainer. Durchaus möglich, dass die Rolle des Sportvorstandes für mehrere Monate unbesetzt bleibt.
Max Eberl (aktuell bei RB Leipzig unter Vertrag) und Markus Krösche (Eintracht Frankfurt) gelten als Top-Kandidaten. Früher oder später, da sind sich die Bosse an der Säbener Straße einig, soll aber ein neuer Sportvorstand kommen. "Das gehört bei einem Fußballklub dazu", sagte Hainer.

Kommt ein neuer Sportchef, könnte es Konflikte mit Trainer Thomas Tuchel geben
Hier liegt durchaus Konfliktpotenzial. Wird Tuchel seine Kompetenzen in Sachen Kaderplanung einfach so wieder abgeben, wenn ihm ein neuer Sportchef vor die Nase gesetzt wird? In der Vergangenheit galt der 49-Jährige als schwieriger Charakter – insbesondere dann, wenn sich jemand in seine Arbeit einmischen wollte.
Bis auf Weiteres ist das jedoch Zukunftsmusik. Erst einmal muss die anstehende Transferperiode erfolgreich bestritten werden. Für die Bayern dürfte es die spannendste seit Jahren werden...