Nicht zum ersten Mal: Verscherzt es sich Tuchel mit seiner Art auch mit den FC-Bayern-Bossen?
München - Einen Monat ist die Saison 2023/24 für den FC Bayern erst alt – und doch hat sie schon so viele Geschichten geschrieben: Supercup-Klatsche, Kane-Hype, Deadline-Day-Desaster und ganz nebenher noch drei Bundesliga-Siege zum Auftakt. Der Rekordmeister liefert mal wieder Schlagzeilen am Fließband.
Langweilig war es in der Vergangenheit selten an der Säbener Straße, da machten die vergangenen Wochen keine Ausnahme. Das liegt auch an Trainer Thomas Tuchel, der den Medien mit seinem bemerkenswert ehrlichen und ungefilterten Auftreten fleißig Futter gibt.
Hat der FC Bayern Tuchel ein Motz-Verbot auferlegt?
Im Sommer sprach er seinen Mittelfeldspielern die Eignung für die Rolle der "Holding Six" ab und forderte Verstärkung. Im Anschluss an die Supercup-Pleite gegen Leipzig zeigte er sich völlig konsterniert und stellte seine Spieler in den Senkel – und nach dem Ende der Transferperiode kritisierte er öffentlich die fehlende Breite im Kader. Thomas Tuchel, ein Mann der klaren Worte.
In der Chefetage kamen die öffentlichen Auftritte des Trainers offenbar nicht mehr ganz so gut an. Zuletzt soll es eine Aussprache zwischen den Bossen und Tuchel gegeben haben, in der die Verantwortlichen ihrem Cheftrainer klargemacht haben sollen, dass er derlei Motz-Ansagen künftig doch bitte unterlassen solle. Ob sich der 50-Jährige daran hält?
Thomas Tuchel eckt bei seinen Vorgesetzten immer wieder an
In der Vergangenheit kam es jedenfalls schon mehrfach vor, dass sich Tuchel aufgrund seiner Art mit seinen Vorgesetzten überworfen hat. Schon bei Borussia Dortmund geriet Tuchel mit seinem Chef aneinander.
Im April 2017 verübte der mittlerweile zu 14 Jahren Haft verurteilte Sergej W. vor dem Champions-League-Spiel gegen die AS Monaco einen Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus des BVB. Die Partie wurde daraufhin verschoben – allerdings bereits am Tag darauf nachgeholt.

Tuchel äußerte sich öffentlich kritisch zu der Ansetzung und behauptete, er und die Mannschaft seien nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen worden. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hingegen beteuerte, dass es keinen anderen Zeitpunkt gegeben habe, an dem das Spiel sonst noch durchgeführt hätte werden können. Das ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen beiden nahm weiter Schaden.
"Da ist viel kaputtgegangen – in vielen Bereichen. Da ist zwischen dem Trainer und mir einiges kaputtgegangen. Sonst wäre es wahrscheinlich nicht zur Trennung im Sommer gekommen", sagte Watzke später rückblickend. Tuchel, der sich seinerzeit auch mit einigen Spielern überworfen haben soll, gewann zum Ende seiner BVB-Zeit noch den DFB-Pokal – und wurde entlassen.
Thomas Tuchel verließ auch PSG und Chelsea im Unfrieden
Ein Jahr später heuerte der mittlerweile 50-Jährige bei Paris Saint-Germain an, wo er erneut mit einem Vorgesetzten aneinandergeriet. Im Lauf seiner Amtszeit wurde das Verhältnis zu Sportdirektor Leonardo immer angespannter. Nach dessen Entlassung trat der brasilianische Manager noch deutlich gegen Tuchel nach. "Wir haben einen sehr klaren und geraden Kurs verfolgt. Und wenn ein Mann von dieser Linie abweicht, ist es unsere Pflicht, schnell zu unserer Linie zurückzukehren", meinte er in Bezug auf Tuchel, der gut ein halbes Jahr nach seiner Entlassung beim FC Chelsea unterschrieb.
Wie schon bei seinen vorherigen Stationen feierte der 50-Jährige auch mit den "Blues" einige Erfolge, unter anderem den Sieg in der Champions League, nur um sich wieder mit einem Vorgesetzten anzulegen. Grund war dieses mal – Bayern-Bosse hergehört! – die Zusammenstellung des Kaders. So soll Todd Boehly, der den Klub kurz zuvor vom langjährigen Eigentümer Roman Abramovic gekauft hatte, im Sommer vergangenen Jahres eigenmächtig und gegen Tuchels Willen einen Mittelfeldspieler verpflichtet haben. Wieder kam es zum Zwist, kurz darauf war der heutige Bayern-Coach an der Stamford Bridge Geschichte.
Thomas Tuchel sitzt beim FC Bayern extrem fest im Sattel
Wie sich das Verhältnis zwischen Tuchel und den Bayern-Bossen entwickelt, wird sich zeigen. Nach dem gescheiterten Experiment mit Julian Nagelsmann und der abgelaufenen Transferperiode, in der dem Coach ein noch nie dagewesenes Mitspracherecht eingeräumt wurde, sitzt er beim Rekordmeister extrem fest im Sattel.
Tuchel selbst scheint sich seinem Status durchaus bewusst zu sein, ansonsten wäre er in den vergangenen Wochen wohl nicht derart in die Offensive gegangen. Geht es nach seinen Vorgesetzten, wird er sich künftig aber zügeln müssen. Wie lange er das wohl schafft?
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