Nicht nur Neppe und Dreesen: Wie Salihamidzic den Harry-Kane-Deal für den FC Bayern einfädelte
München – Vergangenen Sonntag wurde bekannt, dass der FC Bayern den Vertrag mit dem ehemaligen Sportvorstand Hasan Salihamidzic (46) in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst hat. Fünf Jahre als Sportdirektor und Sportvorstand gingen damit offiziell zu Ende.
Fünf Jahre, in denen vor allem die Jugendabteilung neu aufgestellt wurde, mitsamt Drittligameisterschaft der U23 im Jahr 2020 und Verpflichtungen von Top-Talenten wie Alphonso Davies (22), Jamal Musiala (20) oder Mathys Tel (18).
FC Bayern: Erster Kane-Impuls kam von Hasan Salihamidzic
Aber auch fünf Jahre mit einigen sportlichen Rückschlägen und drei aufeinanderfolgenden Knockouts im Champions-League-Viertelfinale. "Wie bei unserem letzten Spiel in Köln oder der Meisterfeier lief auch bei diesen Gesprächen alles reibungslos ab", erklärte Bayern-Präsident Herbert Hainer (69) in der "Bild".
Davies der erste große Transfer, Yann Sommer (34) der letzte. Liest sich so die Chronologie der Brazzo-Ära? Zumindest offiziell. Der Deal um Superstar Harry Kane (30) wird zwar vor allem mit Marco Neppe und dem neuen Vorstandsvorsitzenden Jan-Christian Dreesen in Verbindung gebracht werden.
Die Verbindungen zwischen dem FC Bayern und der Kane-Seite bestanden bereits viel länger. Bei einem Transfer dieser Größenordnung muss es nahezu der Fall gewesen sein. Bereits im Juli vergangenen Jahres sickerten die ersten Berichte über bayrisches Interesse am englischen Kapitän durch. Laut "Sportbild" hätte man es Salihamidzic schon damals zugetraut, Kane an die Isar zu holen.
Verpflichtung von Harry Kane? Hasan Salihamidzic hielt sich alle Türen offen
Über die nächsten Monate hinweg wurde "Brazzo" in verschiedenen Talkformaten immer wieder auf die Personalie Kane angesprochen. Doch entweder hieß es: "Er ist ein Spieler bei einem anderen Klub, also möchte ich nicht über ihn sprechen. Aber er ist einer der besten Stürmer der Welt."
Oder Salihamidzic habe "mit niemandem gesprochen", auch nicht mit Kanes Bruder Charlie. Jedoch kaum zu hören, waren Dementi. Und wenn, dann hatten diese ein Mindesthaltbarkeitsdatum. So wie in der Süddeutschen Zeitung: "Wir werden vorerst einen anderen Weg gehen."

Den anderen Weg, den der FC Bayern gehen wollte, war, einen flexiblen Angriff um Sadio Mané (31) herum zu bauen. Gute Idee in der Planung. Die Umsetzung gestaltete sich jedoch schwierig. Zum einen, weil Mané in München zwar ein Star war, aber nur selten super.
Streitereien in der Kabine mit Julian Nagelsmann oder der Schlag gegen Leroy Sané nach dem 0:3 bei Manchester City bildeten den negativen Höhepunkt von Manés Zeit in München.
Rückrunde der vergangenen Saison zeigt, dass der FC Bayern Harry Kane braucht
Zum anderen lief Jamal Musiala Mané die Rolle als Bayerns MVP bereits früh in der Saison ab. Wie seine Teamkollegen aus der deutschen und französischen Nationalmannschaft kam jedoch auch er mit dem Maximum der Enttäuschungsskala von der WM nach München zurück.
Aus in der Gruppenphase trifft auf Finalniederlage im Elfmeterschießen: Ein Mix, der den Rückrundencocktail des FC Bayern von Beginn an bitter und fad schmecken ließ.
Als wäre das nicht schon genug, fehlte nun auch ganz vorne die unersättliche Tormaschine, die beim Stand von 0:1 genauso die Fäuste vor dem Publikum jubelnd aneinanderlegte, wie bei einer 3:0-Führung: Robert Lewandowski, der den FC Bayern über die Jahre auch mal gerne im Alleingang aus solchen Tiefs geschossen hat.
Die mental sichtlich mitgenommenen Nationalspieler taten sich schwer, nun jeder mindestens zehn Saisontore erzielen zu müssen. Das Thema Kane war nie komplett von der Agenda verschwunden, aber durch die missratene Rückrunde und den plötzlich offenen Meisterkampf aktueller denn je: Es brauchte einen Stürmer.
Harry Kane zum FC Bayern: Diese Vorstellung fand Uli Hoeneß "völlig gaga"
Was die Gespräche mit dem Kane-Lager angeht, hat Salihamidzic wohl nicht geblufft. Der Aufsichtsrat soll sein Veto gegen einen Transfer eingelegt haben. "Ich halte den Kane-Transfer für völlig gaga", lederte Bayern-Patron Uli Hoeneß (71) noch auf dem roten Sofa der AZ. Ohne das "Go" aus der obersten Etage wären die Gespräche mit Daniel Levy (61) schnell zu Ende gewesen.

Nach Salihamidzics Entlassung soll der Kane-Transfer, ob des Preisschilds, nochmal überdacht worden sein. Der Rest ist bekannt: Viele Essens- und Gesprächsrunden mit Daniel Levy und eine verweigerte Starterlaubnis am Flughafen Stansed in London am 11. August, entluden sich in Kanes erstem Torjubel, zum 2:0 in Bremen. Der Kapitän der englischen Nationalmannschaft spielt beim FC Bayern.
Es ist der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte, einer der größten, sportlich wie medial. Auch wenn er am Ende nicht mehr am Verhandlungstisch saß: Aber die Idee dazu und sie über Monate intern entscheidend vorangetrieben zu haben, kann Hasan Salihamidzic niemand mehr nehmen. Ein kleines Abschiedsgeschenk einer Klublegende.