Kommentar

Nicht geimpft: Joshua Kimmich hat Corona-Schwurblern ein Gesicht gegeben

Der AZ-Sportreporter Patrick Strasser über nicht geimpften Bayern-Spieler Joshua Kimmich, seine Begründung und die ausgelöste Debatte.
Patrick Strasser |
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Was bleibt von diesem Samstag in der Allianz Arena? Bayern gewinnt 4:0. Mit einem Eigentor von Joshua Kimmich. Der Bayern-Profi hat sich geoutet. Status: nicht geimpft.

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Was sein gutes Recht ist. Beides. Es herrscht Meinungsfreiheit hierzulande. Zum Glück. Und kein Impfzwang. Allerdings: Die Angst vor Langzeitnebenwirkungen beruht auf dem unwissenschaftlichen Irrglauben, es fehlten Langzeitstudien und die mRNA-Impfstoffe wären möglicherweise unsicher. 

Gesellschaft muss Kimmichs Entscheidung und Statement aushalten

Dass Kimmich sich stellt und erklärt, ist ehrenhaft bis mutig. Dass Kimmich sich so entschieden hat, muss man nicht verstehen, ist aber zu akzeptieren. Die Gesellschaft muss das aushalten. Dass Kimmich zugibt, die alle zwei bis drei Tage durchgeführten PCR-Tests vom Verein bezahlen zu lassen? Ehrlich und überflüssig. 

Gute Sache und doch fahrlässig

Aber dass es ausgerechnet Kimmich ist? Hat mehr als eine Nebenwirkung. Gleich in der ersten Welle der Pandemie hatte er gemeinsam mit seinem Teamkollegen und Kumpel Leon Goretzka die Spenden-Initiative "We Kick Corona" gegründet, inklusive eigener Zahlungen. Das Duo räumte Lob und Anerkennung sowie Preise ab. Kann man da von Pseudomoral sprechen? Nein, das eine ist eine verdammt gute Sache, das andere schlicht: fahrlässig.

Gefahr einer möglichen Quarantäne von 14 Tagen

Nicht nur, weil sich Kimmich durch den Verzicht auf eine Impfung einem höheren Infektionsrisiko inklusive möglicherweise schwereren Verlauf aussetzt, sondern auch der Gefahr einer möglichen Quarantäne von 14 Tagen. Die meisten infizierten Spieler wie Thomas Müller oder Goretzka (!) waren wegen des fehlenden Teamtrainings mindestens drei Wochen raus.

Kimmich besuchte Krebsstation: Aktion erscheint nun in milchigerem Licht

Schlimmer: Vergangene Woche besuchte Kimmich eine Kinderkrebsstation, natürlich mit Maske. Lobenswert – und doch erscheint die gute Aktion nun in einem etwas milchigerem Licht. Profifußballer haben Verantwortung, sind Vorbilder für Millionen. Mit seinem Verhalten und seiner Erklärung hat Kimmich nun all den Impf-Zweiflern, all den Zauderern und Zögerern Argumente geliefert und Schwurblern wie Verschwörungstheoretikern ein prominentes Gesicht ("Na, wenn der schon nicht...!") und damit eine Steilvorlage gegeben.

Kimmich scheut den kleinen, zweimaligen Pieks. All die großen Einschläge des Shitstorms muss er nun aushalten. Vermeidbare Nebenwirkungen eines Eigentors. 

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  • Südstern7 am 26.10.2021 18:02 Uhr / Bewertung:

    Kimmich ist auf dem Spielfeld kein Duckmäuser und wohl als Privatmensch auch nicht. Er sagt was der denkt, er eiert nicht rum. Schaut man in Zuckerbergs Webseite, dann schaudert es mich, wie sich Querdenker und AfD-Gesocks den Kimmich einverleibt haben. Er ist über Nacht zu ihrem Helden geworden, zu ihrer Gallionsfigur. Ob der gute Joshua das bedacht hat, als er sich outete? Aber ich traue ihm zu, dass er sich dessen bewusst war und dennoch lieber gesagt hat was Sache ist, statt rumzudrucksen oder nichts dazu zu sagen. Eigentlich geht es niemand an, wann er zum Arzt geht und warum. Bei mir bleibt eine gewisse Ratlosigkeit zurück.

  • Giesingerin am 25.10.2021 21:33 Uhr / Bewertung:

    Sehr geehrter Herr Strasser,
    Sie irren sich leider. Nach so kurzer Zeit gibt es keine wissenschaftlichen Langzeitstudien, die beweisen könnten, dass die mRNA-Impfstoffe unbedenklich sind. So etwas zu behaupten, ist fahrlässig. Wir hoffen alle, dass die Impfstoffe sicher sind, aber mehr lässt sich momentan, zumindest was die Langzeitwirkungen betrifft, nicht mit Sicherheit feststellen. Insofern muss jeder selbst für sich abwägen, welche Risiken er eingeht. Und andere zu verurteilen, weil sie eine andere Meinung haben, zeugt nicht gerade von Toleranz und Akzeptanz der Meinungsfreiheit. Wo bleibt die journalistische Ausgewogenheit?

  • Wolff am 26.10.2021 10:29 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Giesingerin

    Wissen Sie denn auch, welches Risiko Leistungssportler selbst bei einer leichten Covid-Erkrankung eingehen? Und ist er selbst sich dessen bewusst?

    Na, hoffentlich wirbt er dann nicht demnächst für Blut-, Stammzellen- oder Organspende... Das sind nämlich auch "persönliche Entscheidungen".

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