Neues Ziel "Super-Super-Saison": Bayern will mehr
Der FC Bayern München ist zum 23. Mal deutscher Meister. Schneller hat in der Geschichte der Bundesliga noch nie ein Verein den Titel geholt, doch trotzdem hielten sich die Bayern mit dem Feiern zurück. Die ganze Konzentration gilt dem Champions-League-Spiel in Turin.
Frankfurt/Main – Als schnellster deutscher Meister der Bundesliga-Geschichte machte selbst der ewig mahnende Matthias Sammer einen Witz. „Ich habe mich vor die Kabine gestellt. Da kam keiner mit einem Bier durch“, sagte der Sportvorstand des FC Bayern München.
Sein Verein ist seit Samstag zum 23. Mal deutscher Meister. Die Spieler der Bayern tanzten nach dem 1:0 (0:0)-Sieg bei Eintracht Frankfurt wild auf dem Rasen herum, sie liefen mit einer Papp- Meisterschale durchs Stadion und warfen sogar ihren 67 Jahre alten Trainer Jupp Heynckes durch die Luft. Aber eine richtige Meisterfeier, das meinte Sammer, sieht anders aus. Es gab keine Bierduschen, keinen Besuch eines edlen Szene-Lokals – stattdessen schon am Sonntagfrüh das nächste Training und die volle Konzentration auf das Champions-League-Spiel am Mittwoch bei Juventus Turin.
„Wenn wir den Pokal und die Champions League holen, dann können wir drei, vier Tage zusammen Party machen“, sagte Franck Ribéry. Oder wie es der vor Stolz auf sein Team fast platzende Präsident Uli Hoeneß formulierte: „Jetzt wollen wir aus einer Super-Saison noch eine Super-Super-Saison machen.“
Die Bayern sind längst noch nicht statt. Sie wollen nach der Meisterschaft nun auch den DFB-Pokal und vor allem die Champions League gewinnen, wo nach dem 2:0-Sieg im Hinspiel gegen Juventus am Mittwochabend der Einzug ins Halbfinale winkt. Natürlich war es Sammer, der in Frankfurt – noch während die Mannschaft in der Kabine tanzte und sang – besonders eindringlich auf die Partie in Turin verwies. „Die Frage ist jetzt: Wollen wir mehr oder wollen wir nicht mehr? Wollen wir alles oder wollen wir nur ein bisschen?“, meinte er. „Das ist der Unterschied zwischen Groß und ganz Groß.“
Jupp Heynckes wirkte genervt, als er davon hörte. Der Trainer klang ein bisschen so, als müsse er seine Mannschaft vor ihrem eigenen Sportchef in Schutz nehmen. „Ich kenne meine Spieler. Die wollen alle ins Halbfinale der Champions League“, sagte er. „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass da heute noch einer in die Disco geht oder sich abfüllt? Priorität hatte für uns die Meisterschaft, aber wir haben noch zwei andere Ziele. Und so wie die Mannschaft in diesem Jahr spielt, traue ich ihr alles zu.“
Dazu hat der Meistermacher auch allen Grund. Die Bayern lassen die Rekorde geradezu purzeln in diesem Jahr – dabei ist die Saison noch nicht vorbei. Noch nie in 50 Jahren Bundesliga stand ein deutscher Meister schon nach dem 28. Spieltag fest. Noch nie gewann eine Mannschaft innerhalb einer Spielzeit elfmal nacheinander. Zu einem neuen Punkterekord (82) fehlen den Münchnern nur noch sieben Zähler, zur Anzahl der meisten Siege pro Saison (25) nur noch einer davon.
Es passt zu dieser Übermannschaft, dass sie die Meisterschaft in Frankfurt mit einem schönen Hackentor von Bastian Schweinsteiger (52.) perfekt machte. All diese Superlative zeigen, wie heiß die Bayern in dieser Saison waren, nachdem sie zuletzt zweimal zähneknirschend den Dortmundern zum Titel gratulieren mussten.
„Diese Meisterschaft fühlt sich fast noch einen Tick schöner an als die anderen“, sagte Philipp Lahm. „Es ist etwas Besonderes, die Schale schon am 28. Spieltag zu bekommen. Das hat noch keine Mannschaft geschafft, deshalb ist unsere Freude riesengroß.“
Auch die Konkurrenz verneigte sich vor diesen Bayern - insbesondere der entthronte Meister Borussia Dortmund. „Das ist eine unglaubliche Saison. Möglicherweise wird es die unglaublichste in der Geschichte des Fußballs“, sagte Trainer Jürgen Klopp bei Liga total. „Uns sind die 81 Punkte letztes Jahr ziemlich schwer gefallen – den Bayern scheinen sie dieses Jahr ziemlich leicht zu fallen.“
Sogar ein Weltstar des Sports gehörte zu den Gratulanten. Sprinter Usain Bolt, der sich in München manchmal von Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt behandeln lässt und daher Spieler wie Schweinsteiger und Ribéry persönlich kennt, meinte via „Bild am Sonntag“: „Es ist beeindruckend, was die Bayern diese Saison gezeigt haben. Wenn sie mit der Party noch ein wenig warten, haben sie im Sommer vielleicht noch ein paar Gründe mehr, eine noch größere Party zu feiern.“