Neuer-Ersatz Sven Ulreich: Drei Monate Ruhm

München - Die Bayern-Verantwortlichen haben sofort reagiert. Kein Risiko mehr, persönliche Schicksale müssen hinten anstehen. Christian Früchtl, der dritte Torhüter, wäre die deutsche Nummer eins bei der U17-WM im Oktober in Indien gewesen. Eine großartige Erfahrung – klassischer Fall von: Denkste. Der 17-Jährige wird nach dem Mittelfußbruch von Manuel Neuer gebraucht, ist bis zur Winterpause Bayerns neue Nummer zwei. Auf Schalke war sogar Leo Weinkauf (21), der Amateure-Keeper, dabei. Safety first.
Gilt auch für Sven Ulreich, den die Bayern nun in Watte packen sollten. Beim 3:0 bestand der einstige VfB-Torwart seinen ersten Härtetest, bis kurz vor Weihnachten folgen 18, maximal 19 (je nach Abschneiden im DFB-Pokal) weitere Pflichtspiele.
Drei Monate im Brennglas, im Idealfall: Drei Monate Ruhm. "Unseren Kapitän bekommen wir erst im Januar wieder", sagte Trainer Carlo Ancelotti zur Neuer-Verletzung, "wir sind alle enttäuscht und müssen drei Monate ohne den besten Torwart der Welt auskommen. Aber wir vertrauen Sven, immer wenn er gefragt war, hat er es gut gemacht." Emotionaler die Reaktion von Joshua Kimmich: "Das ist brutal. Er war vier Monate verletzt, kämpft sich ran, verletzt sich wieder. Das ist für den Kopf und für uns als Mannschaft schwierig. Manuel ist unser Kapitän und eine Persönlichkeit, die unserer Mannschaft auf jeden Fall fehlen wird."
Gut, dass Ulreich noch da ist. Weil er letzte Saison nur sieben Matches als Neuers Stellvertreter absolvierte (dabei wurde die Nummer eins nur einmal geschont) wollte "Ulle", wie ihn die Teamkollegen nennen, im Sommer vor seinem letzten Vertragsjahr weg. "Es wäre ja gelogen, wenn man sagt, dass man gern auf der Bank sitzt", meinte er.
Das Stellvertreter-Schicksal einer Nummer zwei. Nun darf sich Ulreich beweisen. "Man fühlt mit Manuel. Ich wünsche ihm alles Gute, dass alles gut verläuft und er schnell wieder zurückkommt." Andererseits: "Ich freue mich, dass ich die Spiele bekomme und werde mein Bestes geben, um Manuel bestmöglich zu vertreten." Auch das Duell am Mittwoch gegen die Superstar-Offensive von Paris St. Germain. Neymar, Cavani & Co. lassen Ulreich kalt: "Wir sind auch eine Weltklassemannschaft, das kenne ich aus dem Training."
Erneuter Ärzte-Streit bei den Bayern?
Die Mittelfuß-Story von Neuer mündet in einen neuerlichen Streit. Um Kompetenzen und Qualitäten der Ärzte beim Meister. Ende März wurde dem Nationaltorhüter nach dem ersten Mittelfußbruch per OP eine Schraube eingesetzt, 17 Tage später stand er beim 0:0 in Leverkusen im Tor. Wenige Tage später die erneute Verletzung im Champions-League-Viertelfinale in Madrid (2:4 nach Verlängerung), laut BILD war der Bruch nicht ganz ausgeheilt.
Am Montag im Training das dritte Malheur. Der ehemalige Vereinsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, ein langjähriger Vertrauter von Präsident Uli Hoeneß, empfahl einen Spezialisten in Tübingen für den Eingriff. BILD berichtet, dass Hoeneß intern die Arbeit von Team-Doc Volker Braun (44) kritisiert haben soll. Schafft es Neuer bis zur WM? In 266 Tagen findet das Eröffnungsspiel statt. "Manuel wird uns im Januar in alter Stärke zur Verfügung stehen", sagt Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge.
Was eine erste Prognose ist. Voller Hoffnung, mehr nicht.
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