Nettes Buch, netter Mensch

Im fast ausverkauften Volkstheater präsentiert DFB-Kapitän Philipp Lahm mit Comedian Willy Astor sein so umstrittenes wie harmloses Buch – auch Lahms Frau und Eltern lauschen gespannt
MÜNCHEN Ein Fußballer im Theater. Das muss nicht schief gehen. Selten, dass sich ein Kicker vom Rasen auf die Bretter wagt, die seine Welt sonst nicht bedeuten.
Dienstagabend, 20 Uhr, Münchner Volkstheater. Philipp Lahm lässt (vor-)lesen. Der Bayern-Kapitän unterwegs in eigener Sache - als Verkäufer. „Der feine Unterschied”, seine Lebensabschnittsautobiographie, wird präsentiert von Willy Astor, dem bayerischen Versform-Kapitän. Ein schwarzer Vorhang als Bühnenbild in „unserer surrealistischen Garage am Hauptbahnhof”. Ein Tisch, drei Stühle. Ein Ledersofa für die auf den Eintrittskarten angekündigten Überraschungsgäste. Vielleicht waren die so überrascht von der Einladung, dass sie es nicht rechtzeitig geschafft haben. Das Sofa bleibt stumme Requisite.
Dafür schreit der Moderator. Seinen waidmannsgrünen Samt-Anzug, die Hose mit Schlag, hatte er gut vorbereitet. Der Opener als Sportstudio-Kopie. Hallo Philipp, ja was ist denn um Gottes Willen mit den Bayern los? Lahm antwortet routiniert: „Ich zweifle nicht.” Und: „Alles ist noch möglich.” Und sogar: „Wir müssen wieder in die Spur zum Erfolg finden.” Da fragt ein Bayern-Fan.
Es folgt eine lockere Plauderei über das „nette Buch” (Lahm). Astor liest vor, hakt nach. Und lobt. „Mich hat das Ding magnetisiert. Es ist ein Buch, Philipp, für das du dich in 50 Jahren vor deinen Enkeln nicht schämen musst.” Frau Claudia und Lahms Eltern sitzen im Publikum.
Eine Menge Medienstaub wurde aufgewirbelt. Das Lahm-Management hatte den Vorabdruck an „Bild” verkauft, die sämtliche pikante Sticheleien gegenüber Ex-Trainern wie Völler, Magath und van Gaal schlagzeilig auswerteten. Lahm, der sich Anfang September manch derbe Rüffel, unter anderem von Bundestrainer Löw, kassiert und sich öffentlich entschuldigt hatte, rechtfertigt sich noch einmal. „Die Darstellung war nicht glücklich. Und was dann passiert ist, war nicht schön für mich – für meine Frau noch weniger.”
Astor geht Werk und Leben des 27-Jährigen durch. Ein Probetraining beim TSV 1860 hat Lahm als 10-Jähriger abgelehnt, weil die Netze hinter den Toren Löcher hatten. Der Talentscout der Bayern war erfolgreicher. Nachfrage von Astor: „Warum hast Du Dich nicht für einen ehrlichen Beruf entschieden?” Lahm verrät: „Ich wollte Bäcker werden.” Die Begründung: „Als Kind ist man es gewohnt, früh aufzustehen. Ich dachte, da bin ich dann nach der Arbeit früh zu Hause und kann Fußball spielen.” Er hat es doch sein gelassen, den Bäckerjob.
Die Plauderei dreht sich um seinen Werdegang, der gute Philipp musste viel durchmachen: Felix Magath, die plötzliche Bekanntheit, Oliver Kahn, die ersten Verletzungen, das Backhendlessen mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel. Astor heitert das Publikum auf, in dem er das Vorlesen durch Gags bereichert: „Oliver Bierhoff hatte seine Pornosammlung dabei.” Torwandschießen am Ende? Nein, Schluss.
Es war ein Abend für Liebhaber, für Lahm-Fans. 14 Euro Eintritt sind immerhin günstiger als der Verkaufspreis des Buches von 19,90 Euro. Die Schlange am Signiertisch (Astor-Humor: „Der Philipp tätowiert nur montags”) war beachtlich. Manch einer vermutete Freibier. Es war nur ein Frei-Servus.
„Bleib so wie du bist, du bist ein sehr netter Mensch”, verabschiedete Astor Lahm. Und die Überraschungsgäste? Nur einer. Christian Seiler, der Autor.