Nationalmannschaft: Nur vier bayerische Musketiere

Im Kader für die EM-Qualifikationsspiele gegen Polen und in Schottland stehen mit Neuer, Boateng, Müller und Götze nur vier Bayern-Spieler. Von den letzten 35 Debütanten kommt keiner vom Meister.
Maximilian Koch |
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Mit Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Thomas Müller und Mario Götze stehen im aktuellen Kader der deutschen Nationalmannschaft nur noch vier Spieler des FC Bayern.
Augenklick Mit Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Thomas Müller und Mario Götze stehen im aktuellen Kader der deutschen Nationalmannschaft nur noch vier Spieler des FC Bayern.

München - Es war einmal. Mit diesen Worten gehen Märchen fast immer los. Auch das Märchen vom FC Bayern Deutschland. Uli Hoeneß hatte mal einen Traum, und der ging so: Sein FC Bayern sollte mehr sein als das Erfolgssymbol der Stadt München und des gesamten Freistaates. Hoeneß dachte größer. Wie so oft in seinem Leben. Beim FC Bayern sollten sich die besten Fußballer des Landes versammeln. „Es war immer sein Ziel, dass beim FC Bayern der von ihm so benannte FC Deutschland spielt“, erinnerte sich Thomas Müller einmal. Zur Freude von Hoeneß waren die Bayern lange Zeit auf einem sehr guten Weg, dieses Vorhaben vom FC Bayern Deutschland umzusetzen.

Beim WM-Sieg in Rio standen beim Schlusspfiff sieben Bayern-Spieler auf dem Platz. Mario Götze erzielte das entscheidende Tor, Manuel Neuer hielt jeden Schuss, Bastian Schweinsteiger zeigte die beste Leistung seiner Karriere. Der Triumph von Rio war auch ein Triumph der Bayern. Schweinsteiger schickte im Sieger-Interview Grüße an Hoeneß. „Ich glaube, ohne ihn wären wir alle nicht hier.“

Etwas mehr als ein Jahr später ist er bis auf Weiteres ausgeträumt. Wenn die deutsche Nationalelf am Freitag (gegen Polen) und Montag (in Schottland) in die entscheidenden Qualifikationsspiele für die EM 2016 in Frankreich geht, werden nur vier Bayern-Stars auf dem Platz stehen. Wenn überhaupt. Neuer ist im Tor gesetzt, Jérôme Boateng in der Abwehr, Müller im Angriff. Für Mario Götze gilt das nicht, immerhin bekommt er von Joachim Löw mehr Einsatzzeit als von Pep Guardiola.

Aber ob nun drei oder vier Stammspieler: Von einem Bayern-Block, der die Nationalmannschaft – mit Ausnahme vom WM-Sieg 1954 – bei jedem Turniererfolg in der Vergangenheit stützte, kann keine Rede mehr sein. Höchstens von einer Mini-Säule. Daran dürfte sich bis zur EM nichts ändern. Denn nach dem DFB-Rücktritt von Philipp Lahm, den Wechseln von Toni Kroos (Real Madrid) und Bastian Schweinsteiger (Manchester United) fehlen bei den Bayern junge deutsche Spieler, die bei Guardiola und damit auch bei Löw in die Startelf drängen. Zwar gibt es in Sebastian Rode, Gianluca Gaudino oder Neuzugang Joshua Kimmich hochveranlagte Kicker. Angesichts der Konkurrenz im Bayern-Kader müssen sie sich aber mit Jokerrollen begnügen. Für eine DFB-Nominierung reicht das nicht. Unter den letzten 35 Debütanten im Nationalteam war kein einziger Bayern-Spieler zu finden.

„Ich sehe einen Trend, dass man vielleicht zu viele ausländische Spieler holt und die deutsche Mentalität etwas verloren geht“, kritisierte zuletzt Ex-Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld. Sein Vorwurf: Teure Stars nehmen Talenten wie Kimmich den Platz weg, erschweren so deren Entwicklung. Und benachteiligen damit auch Löw.

Andernorts lässt sich momentan übrigens ein interessanter, ganz anderer Trend beobachten. In Dortmund haben sich unter Neu-Trainer Thomas Tuchel gleich mehrere deutsche Stars in Löws Fokus gespielt. Für die Partien gegen Polen und Schottland wurden in Mats Hummels, Matthias Ginter, Ilkay Gündogan und Marco Reus vier BVB-Profis nominiert. Genauso viele also wie vom FC Bayern. Mit Blick auf die EM könnten bis zu fünf (!) weitere Dortmund-Spieler folgen: Außenverteidiger Erik Durm, der von Löw bereits eingeladen wurde, im Moment jedoch verletzt fehlt; Sven Bender und Offensivwirbler Jonas Hofmann. Besonders gute Aussichten haben Linksverteidiger Marcel Schmelzer, der unter Tuchel befreit wirkt und Löws Probleme auf der Außenposition beheben könnte; und ein Neuzugang, der vor kurzem noch in München lebte: Julian Weigl.

Der Ex-Spieler des TSV 1860 hat sich auf Anhieb einen Stammplatz im zentralen Mittelfeld erkämpft. Geht Weigls Entwicklung so rasant weiter, wird er automatisch zum Kandidaten für Löw. Damit ist seine Situation ganz anders als die von Kimmich, der von Guardiola – trotz aller Lobeshymnen – fast gänzlich ignoriert wird. Es wäre keine Überraschung, würden bei der EM 2016 Spieler von Borussia Dortmund den deutschen Kader dominieren. Sicher ist: Der BVB ist dem Hoeneß-Traum von einem Klub deutscher Nationalspieler näher als die Bayern.

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