Nagelsmanns Schattentrainer: Ex-Bayer Hoeneß entwickelt einen DFB-Star nach dem anderen

Undav, Stiller, Leweling, Mittelstädt, Führich, Nübel, Anton: VfB-Coach Sebastian Hoeneß gilt als bester Talentelieferant für die DFB-Elf. Das ist auch schon den Bossen an der Säbener Straße aufgefallen.
von  Patrick Strasser
Talenteentwickler mit dem Potenzial für mehr: Sebastian Hoeneß gilt als Trainer der Zukunft.
Talenteentwickler mit dem Potenzial für mehr: Sebastian Hoeneß gilt als Trainer der Zukunft. © imago

Stuttgart/München - Auf dem Papier stand: Sechs zu drei Spieler, drei zu null Tore. Die Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft in Bosnien-Herzegowina und gegen die Niederlande waren eindeutig geprägt von den Profis des VfB Stuttgart - und nicht wie gelernte Selbstverständlichkeit in den letzten Jahrzehnten vom FC Bayern. Beim 2:1 in Zenica erzielte Deniz Undav einen Doppelpack, den 1:0-Erfolg gegen Oranje in München sicherte Debütant Jamie Leweling mit seinem goldenen Tor. Sechs Punkte, made by Schwaben-Power.

Neben Undav und Leweling kamen noch Chris Führich, Maximilian Mittelstädt, Angelo Stiller und Torhüter Alexander Nübel zum Einsatz. Letzterer feierte wie Leweling seine Premiere im DFB-Trikot. Wegen eines Muskelfaserrisses fällt Linksaußen Führich mehrere Wochen aus, doch auch das verbliebene VfB-Quintett will am Samstag (18.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) die Bayern in der Allianz Arena ähnlich ärgern wie letzte Saison im Mai.

Hoeneß schreibt mit Stuttgart eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte

Jenes 1:3 "wurmt uns noch so ein bisschen", sagte Bayern-Kapitän Manuel Neuer, der versicherte: "Wir nehmen den VfB sehr ernst und wissen, was für eine Stärke sie haben." Der 38-Jährige weiter: "Ich glaube, alle Spieler vom VfB haben Selbstvertrauen und dementsprechend wird es ein schweres Heimspiel." Nicht zuletzt deshalb, weil der Trainer der Schwaben, die letztes Jahr Bayern am letzten Spieltag noch überholten und dadurch die Vizemeisterschaft (in München ein Schimpfwort) feiern konnten, an der Säbener Straße bestens bekannt ist: Sebastian Hoeneß.

Der Sohn von Dieter, einst als gefürchteter Kopfballspezialist Profi bei beiden Klubs, und Neffe von Uli, dem ewigen Vereinspatron und als Aufsichtsratsmitglied weiter die einflussreichste Figur im Kosmos FC Bayern. Sebastian, geboren in München, übernahm Anfang April 2023 den VfB als Tabellenschlusslicht. Nach einer Aufholjagd glückte den Schwaben via Relegation der Klassenerhalt. Nur der Startschuss einer Entwicklung, die Hoeneß zu verdanken ist. Der spielerisch nicht wiederzuerkennende VfB erreichte nach 15 Jahren erstmals wieder die Champions League.

Hoeneß ist einer der wichtigsten Zuarbeiter für Nagelsmann

So einer, noch dazu mit einer Vergangenheit als Jugendtrainer an der Säbener Straße, von 2017 zwei Jahre als A-Jugend-Coach und in der Saison 2019/20 als Trainer der Drittliga-Mannschaft, würde doch perfekt passen. Dachten auch die Bayern-Bosse als nach der x-ten Krise im Frühjahr Thomas Tuchels Abschied zum Saisonende beschlossene Sache war. Doch Hoeneß blieb dem roten Brustring treu, verlängerte seinen Vertrag im Ländle bis 2027. Er gilt, wie auch Leverkusens Meistertrainer Xabi Alonso, in München als Trainer der Zukunft. Auch wenn diese Zukunft durch Vincent Kompany, sein positives Auftreten und den offensiv geprägten Spielstil, aktuell ferner erscheint.

In der Gegenwart ist Hoeneß Schattentrainer von Julian Nagelsmann. Oder besser: Er ist im virtuellen Trainerstab des DFB einer der wertvollsten Zuarbeiter. Als Ausbilder und Talente-Entwickler wie im Fall Stiller (23), den er schon in der Bayern-Jugend und bei der TSG Hoffenheim unter seinen Fittichen hatte. Auch Spätzünder wie Undav (28) wie Mittelstädt (27) brachte Hoeneß auf den richtigen Kurs. Waldemar Anton (28), letztes Jahr als VfB-Abwehrchef zum Nationalspieler aufgestiegen, sicherte den Schwaben durch den Transfer zum BVB 22,5 Millionen Euro Ablöse.

Hoeneß wird in der Branche für seinen entschlossenen Kurs und die Spielidee geschätzt, die er seinen Mannschaften mitgibt. Gleichzeitig besticht er durch seine Empathie, sprich den Umgang mit den einzelnen Spielern, die in ihm eine Vaterfigur oder - bei den älteren Semestern - den ehemaligen Spieler sehen, der noch nah dran ist an den Themen und Bedürfnissen der jüngeren Generation. Da spielt es auch keine Rolle, dass der 42-Jährige selbst nur niederklassig gekickt hat - bei Hertha BSC und in Hoffenheim. Hat Nagelsmann auch nicht.

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