Nach viereinhalb Jahren Bayern: Van Bommels Abschied?

Der Kapitän geht nach 54 Minuten vom Feld – nicht so ganz freiwillig. Seine Auswechslung inszeniert Mark van Bommel wie ein großes Theaterstück. War das schon sein letzter Auftritt für die Bayern?
von  Abendzeitung
Mark van Bommel übergibt Philipp Lahm die Kapitänsbinde.
Mark van Bommel übergibt Philipp Lahm die Kapitänsbinde. © dapd

STUTTGART - Der Kapitän geht nach 54 Minuten vom Feld – nicht so ganz freiwillig. Seine Auswechslung inszeniert Mark van Bommel wie ein großes Theaterstück. War das schon sein letzter Auftritt für die Bayern?

Eine weiße Kapitänsbinde trug Mark van Bommel, dick und fett darauf das Bayern-Emblem. Es war 21.40 Uhr am Mittwochabend in Stuttgart, es lief die 54. Minute des Pokal-Duells zwischen dem VfB und dem FC Bayern, als der Kapitän sich seines Zeichens der Macht entledigte und zu Philipp Lahm, dem Rechtsverteidiger ging.

Der Holländer wurde ausgewechselt, für ihn kam Daniel van Buyten. Und van Bommel nahm sich sehr, sehr viel Zeit. Ganz so, als wollte er dieser Auswechslung eine besondere Note verpassen. War es sein Abschiedsspiel? Sein letzter Auftritt nach viereinhalb Jahren im Bayern-Trikot? Nach zweieinhalb als Kapitän?

Van Bommel sprach kurz mit Lahm, wickelte ihm fürsorglich die Kapitänsbinde um den Arm, trottete zur Linie. Als er an Bastian Schweinsteiger vorbei musste, klatschte der ihn ab. Großes Theater. An der Bank angekommen, schlug er mit jedem der Ersatzspieler ein. Und lieferte sich dann eine Debatte mit dem erstaunten Trainer Louis van Gaal.

Der Coach erklärte später: „Er war angeschlagen, hatte Schmerzen. Der Doktor hat das auch gesagt. Am Ende sagt er dann, er will nicht raus. So ist das immer.“ Doch der 33-Jährige Spieler sorgte dann für – verspätete – Aufklärung: „Ich habe ein kleines bisschen was gespürt, aber nicht viele Schmerzen. Einige Jungs haben angedeutet, dass ich ausgewechselt werden wollte, aber ich wollte das nicht.“ Zwar hätte er sich an den Oberschenkel gefasst, aber: „Es war ein kleines Missverständnis, aber nicht schlimm. Wir haben ja gewonnen.“

Doch was sollte dann das Theater? Geht so einer aus einem Spiel, der sich nur in die Weihnachtspause verabschiedet? Oder war's das?

„Ich gehe nicht davon aus, dass das das Abschiedsspiel von van Bommel ist - im Gegenteil. Sein Vertrag läuft bis 2011, also auch noch in der Rückrunde", sagte Bayerns Sportdirektor Christian Nerlinger vor der Partie in „Sky“.

Dennoch: Es ist van Bommels Entscheidung. Van Gaal meinte: „Am Ende entscheidet nicht der Trainer, nicht der Vorstand, am Ende entscheidet immer der Spieler.“ Das Problem könnte sein, dass der Spieler in diesem Fall nicht so recht weiß, was er will.

„Ich habe noch sechs Monate Vertrag“, erklärte er gestern. Einen neuen Kontrakt bietet ihm der FC Bayern jedoch nicht mehr an. Er ist ein Kapitän auf Zeit. „Grundsätzlich gilt immer, dass wir alle Verträge einhalten“, sagte Nerlinger der AZ, „aber ich muss klar sagen: Ein Verein muss immer abwägen zwischen Gegenwart und Zukunft."

Und die Zukunft heißt Luiz Gustavo, zehn Jahre jünger als van Bommel, ein feiner Techniker aus Brasilien. Der Transfer ist für den kommenden Sommer abgemachte Sache, nun geht es darum, wie hoch die Ablösesumme für Hoffenheim wäre, wenn er bereits zum Januar nach München kommt.

Ob van Bommel geht oder nicht, konnte gestern somit nicht final geklärt werden. Zunächst erklärte er: „Es gibt Interesse, aber kein konkretes Interesse.“ Etwas später meinte er: „Stand jetzt gibt es keine Anfragen.“ Und dann meinte van Gaal: „Jetzt ist Urlaub – und ich gehe davon aus, dass ich in drei Wochen immer noch bei Bayern bin.“ Klar, das Transferfenster ist ja auch bis 31. Januar 2011 geöffnet.

Patrick Strasser

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