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Nach Rassismus-Shitstorm gegen Kingsley Coman: Französischer Verband leitet juristische Schritte ein

Der FC Bayern war mit 16 Spielern bei der WM vertreten. Doch nicht nur für die Deutschen wird Trainer Julian Nagelsmann nun den Seelsorger geben müssen. Kingsley Coman wurde rassistisch beleidigt, der französische Verband leitet nun rechtliche Schritte ein.
von  AZ
Kingsley Coman versagten beim Elfmeterschießen im WM-Finale die Nerven.
Kingsley Coman versagten beim Elfmeterschießen im WM-Finale die Nerven. © IMAGO / Xinhua

München - Es war unerträglich, als im Sommer 2021 die Engländer Bukayo Saka, Marcus Rashford und Jadon Sancho rassistisch beleidigt wurden. Was geschehen war: drei verschossene Elfmeter im EM-Finale.

Sportlich fraglos wichtig, aber auch nicht mehr. Ein Sportler, der einer solchen nervlichen Belastung nicht standhält, hat Zuspruch verdient, nicht Hass. Doch wie normale Anstandsregeln im viel zu anonymen Raum der sozialen Medien völlig unangemessenem Reaktionen weichen, das musste nun auch Bayern-Profi Kingsley Coman erleben.

Der Franzose hatte ebenfalls einen Elfmeter verschossen, am Sonntag im WM-Finale gegen Argentinien. Er war in diesem Moment die wohl traurigste Person im riesigen Lusail Iconic Stadium. Doch was sich später bei Instagram zutrug, war weit unter der Gürtellinie – auch Coman wurde auf übelste Weise rassistisch beleidigt.

"Du Käfig-Affe": Kingsley Coman rassistisch beleidigt

In der Nacht nach dem Finale ließen sich zahlreiche User unter dem jüngsten Instagram-Bild des Angreifers auf übelste Art und Weise aus. Neben abwertenden Affen-Emojis fanden sich dort auch einige massiv beleidigende Kommentare. "Du Käfig-Affe", "Geh zurück in den Dschungel nach Afrika" und "Du bist Afrikaner, kein Franzose, mein Freund. Raus aus dem Team!", war dort etwa zu lesen. 

Kahn: "Nach einem verlorenen Endspiel geht es darum, wieder aufzustehen"

Beim FC Bayern werden sie ihren Flügelstürmer erst recht mit offenen Armen empfangen. Fehlschuss hin oder her. "Die FC-Bayern-Familie steht an deiner Seite, lieber King", twitterte der Klub und verurteilte die Beleidigungen "aufs Schärfste".

"Nach einem verlorenen Endspiel geht es darum, wieder aufzustehen und weiterzumachen. Alle Spieler können insgesamt sehr stolz auf ihre Leistungen sein", hatte Vorstandsboss Oliver Kahn zuvor schon in Richtung der enttäuschten Franzosen des Rekordmeisters gesagt.

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Auch der französische Fußballverband hat nun reagiert und leitet gar rechtliche Schritte ein: "Im Anschluss an das WM-Finale wurden mehrere Spieler der französischen Nationalmannschaft in den sozialen Netzwerken mit inakzeptablen rassistischen und hasserfüllten Äußerungen konfrontiert. Die FFF verurteilt diese und wird gegen die Urheber Klage einreichen."

Neben Coman, waren Dayot Upamecano, der zum Reservisten degradierte Benjamin Pavard und der früh schwer verletzte Lucas Hernández ein Teil des Kaders der Équipe Tricolore. "Sie haben ein starkes Turnier gespielt – und 2023 heißt es dann wieder mit neuem Elan 'Allez les Rouges'", ergänzte Präsident Herbert Hainer.

FC Bayern und die WM: Auf Nagelsmann warten einige Baustellen

Doch bei aller gut gemeinten Aufmunterung: Die unglücklichen Franzosen sind längst nicht die einzige Baustelle der Münchner, die von dieser umstrittenen WM in der Wüste bleibt.

16 Profis von Trainer Julian Nagelsmann waren auf der kräfteraubenden Dienstreise, nur Josip Stanisic bringt als Gewinner des Spiels um Platz drei mit Kroatien so etwas wie Siegergefühl mit und Noussair Mazraoui die Hochstimmung der marokkanischen Wunderfahrt.

Das Gros der Bayern aber spielt den Katar-Blues. Nagelsmann muss sie ab dem 3. Januar in Rock’n Roll-Stimmung bringen – und fliegt mit seiner Gruppe der Frustrierten am 6. Januar gleich wieder an den Ort, den mancher wohl lieber aus dem Gedächtnis streichen würde.

Über Manuel Neuers Beinbruch nach einem Skiunfall ist hinreichend doziert worden. Gespannt wird erwartet, welche Lösung sich im Büro von Sportvorstand Hasan Salihamidzic konstruieren lässt. Alexander Nübel? Oder doch ein anderer?

Manuel Neuers Saison-Aus: Ungewissheit auf Schlüsselposition

So oder so wird der FC Bayern auf einer Schlüsselposition mit einer großen Portion Ungewissheit leben müssen. In der Innenverteidigung muss sich Hernández wie Neuer zwangsläufig darauf konzentrieren, zur Saison 2023/24 wieder fit zu sein.

Bei Upamecano und Pavard darf die Enttäuschung wie bei Matthijs de Ligt, der mit den Niederländern an Weltmeister Argentinien scheiterte, nicht lange anhalten.

Wie verarbeiten Joshua Kimmich und Leon Goretzka das DFB-Trauma?

In der Offensive braucht Coman das erwähnte Seelenbalsam und das deutsche Trio mit Thomas Müller, Leroy Sané und Serge Gnabry eine Trotzreaktion. Alle gemeinsam müssen noch bis März den verletzten Sadio Mané ersetzen.

Kann Eric Maxim Choupo-Moting nach dem Aus mit Kamerun dort weitermachen, wo er bei Bayern aufgehört hat? Haben Joshua Kimmich und Leon Goretzka das DFB-Trauma verarbeitet, um als Führungsfiguren voranzugehen?

Es kommt den Bayern auf jeden Fall gelegen, dass die Bundesliga anders als etwa die Premier League nicht sofort nach WM-Ende den Betrieb wieder aufnimmt. (Aufbau-)Arbeit gibt es genug.

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