Nach Polter-Auftritt beim "Doppelpass": Uli Hoeneß begründet seinen Anruf

München - In Comic-Büchern werden Wutanrufe ja gerne dadurch illustriert, dass der Hörer durch die negativen Energien, die da durch die Kabel rauschen, von der Gabel in die Höhe fliegt.
Für Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß, den langjährigen Zampano des Vereins, war das Telefon schon immer ein Blitzableiter. Ein Mittel, seinem Unmut Luft zu machen, wenn er glaubt, dass entweder der FC Bayern ungerecht (nach seiner Vorstellung) behandelt wird oder eine Diskussion in die falsche (nach seiner Vorstellung) Richtung läuft. Greift der 70-Jährige zum Telefon wird es meist laut und deutlich, denn Hoeneß, der gerne polarisiert, dem weder Populismus noch Polemik fremd sind, gibt gerne den Poltergeist vom Tegernsee.
Hoeneß mit Giftpfeil an Rettig
Am Sonntag war es wieder soweit. Da rief Hoeneß im Sport 1-Doppelpass an. Natürlich wurde er sogleich live zugeschaltet, denn als Quotenbringer ist Hoeneß immer noch gerne gesehen – und gehört.
Hoeneß verschoss seine Giftpfeile sogleich gezielt Richtung des ehemaligen DFL-Geschäftsführers Andreas Rettig. Den prangerte er in seiner unnachahmlichen und aus jeder Zeit gefallen Art als "König der Scheinheiligen" an, weil Rettig zuvor die Ausrichtung der Winter-WM in Katar aufgrund der verstörenden Menschenrechtslage im Emirat kritisiert hatte.
"Genau das, was wir brauchen": Hoeneß verteidigt seinen Auftritt
Hoeneß, der ja ein feines Näschen und Gespür für aufbrausenden Gegenwind hat, erklärte sich dann gleich noch einmal in der "Bild". Er verteidigte seinen Polter-Auftritt. "Das ist genau das, was wir brauchen. Dank des Fußballs ist der Fokus auf Katar gerichtet, das bringt Veränderungen", analysierte Hoeneß gleich selbst. In der Sendung hatte er verkündet, dass "die WM und das Engagement des FC Bayern und andere Sportaktivitäten in der Golfregion" dazu führen werden, "dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort besser werden und nicht schlechter. Das sollte man endlich mal akzeptieren und nicht ständig auf die Leute draufhauen."
Da haut man dann lieber auf die Rettigs dieser Welt ein. Nachdem der Ansatz "Wandel durch Handel" in der Welt ja gerade kapital gescheitert ist, soll es nun der Sport richten? Unbestritten ist, dass der Sport etwas verändern kann, schon Anti-Apartheits-Ikone Nelson Mandela hatte einst postuliert: Sports has the power to change the world – Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern.
Hoeneß über JHV 2021: "Schlimmste Veranstaltung"
Auch Hoeneß ist davon überzeugt, dass der Sport die Menschenrechtslage verbessern kann. "Natürlich", sagte er und hatte auch ein – richtiges – Beispiel parat: "Die Frauen-Mannschaft des FC Bayern hat vor einigen Jahren als erstes Frauen-Team in Katar mit kurzen Hosen gespielt. Das war eine Sensation und ein Durchbruch für den Frauenfußball."
Durchbruch ist sicher ein großes Wort, aber es gibt Veränderungen. Doch die gehen den Kritikern – und davon gibt es auch im Bayern-Kosmos nicht wenige wie sich auf der letzten Jahreshauptversammlung gezeigt hat, als das Sponsoring des FC Bayern durch Qatar Airways massiv angeprangert wurde – viel zu langsam.
"Das war die schlimmste Veranstaltung, die ich je beim FC Bayern erlebt habe", sagte Hoeneß, der eine Verlängerung des Sponsorings mit Qatar Airways eher befürwortet, damals. Er war sogar ans Mikro getreten, hatte dann aber wortlos und konsterniert die Bühne wieder verlassen. Was er damals zu dem Katar-Thema wohl sagen wollte, hat man nun im Doppelpass gehört. . .