Nach Olic'-Ausfall: Nachlegen!?
Zürich - Wer sich für den FC Bayern interessiert, kennt diesen scheinbar immer jungen Mann mit den wehenden Haaren, den Winnetou samt Arztkoffer: Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt arbeitet seit 1977 für den Klub. Als er am Sonntag die Verletzung von Ivica Olic aus dem 5:0 gegen den Hamburger SV untersuchte, musste er eine einmalige, weil nie da gewesene Diagnose stellen: ein Hüftsehnenriss, acht Wochen Pause.
So ungewöhnlich wie tragisch. Jupp Heynckes rief noch am Sonntagabend bei Olic an und berichtete: „Er war sehr niedergeschlagen, sehr enttäuscht, deprimiert.” Nicht nur der Kroate. Auch die Mannschaft und den gesamten Verein schockte diese persönliche Hiobsbotschaft. Eben weil es den 31-Jährigen erwischte, der sich seit Herbst letzten Jahres acht Monate wegen eines Knorpelschadens im Knie durch die Reha quälen musste. „Ivica hat einen langen Leidensweg hinter sich, das ist furchtbar für ihn", sagte Heynckes, „er hatte sich gerade mit großer Energie an die Mannschaft heran gearbeitet. Es ist eine sehr bittere Nachricht für uns alle."
Und eine, die den Verein nun in Zugzwang bringt? Weil neben dem gesetzten Zentrumsstürmer Mario Gomez mit Neuzugang Nils Petersen, letztes Jahr Zweitliga-Torschützenkönig mit Energie Cottbus, nur ein weiterer Stürmer im Kader ist? Noch ist man sich uneinig bei Bayern. Wartet man auf Olic' erneutes Comeback im Herbst oder wird man auf dem Transfermarkt aktiv? Zeit bleibt bis zum 1. September.
„Der Ausfall von Olic ist tragisch. Das tut weh. Das trifft uns alle", sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, „das bereitet mir Sorgen - und ich denke, auch Heynckes. Wir hatten eigentlich nicht vor, noch auf dem Transfermarkt tätig zu werden, aber jetzt müssen wir darüber nachdenken, ob uns Olic' Ausfall nicht dazu zwingt." Was Sportdirektor Christian Nerlinger gegenüber der AZ ausschloss: „Wir holen keinen mehr.” Seine Idee für eine weitere Alternative: „Thomas Müller kann auch da vorne spielen.” Offenbar hatten sich Nerlinger und Heynckes in dieser Frage schon kurzgeschlossen. Am Montagnachmittag in Zürich sagte der Coach: „Wir können das mit dem bestehenden Spielerstamm kompensieren, wenn wir nicht weiter vom Verletzungspech gebeutelt werden." Seine Devise lautet: „Von Schnellschüssen halte ich nichts. Die Frage ist doch: Gibt es einen Top-Stürmer, der die Qualität hat, die ich mir vorstelle? Dazu kommt: Dieser müsste die Sprache sprechen, zu den anderen passen, sich integrieren. Ich bin der Meinung, wir sollten es dabei belassen." Basta.
Eine mutige Entscheidung. Aber Heynckes weiß auch: Jeder Name, der gehandelt wird, wäre extra teuer. Vielleicht bekommt ja Dale Jennings (18) eine Chance. Der Engländer wurde im Sommer von den Tranmere Rovers verpflichtet – für die Amateure.