Nach Madrid-Watschn: Und jetzt, Pep?
München - Nach dem zweiten Flanke-Kopfball-Tor-Einschlag, als quasi Feierabend war, weil Real 2:0 führte, schickte Pep Guardiola Javi Martínez zum Warmmachen. Den armen Javi. Ach, Pep! War es ein Schuldeingeständnis? Quasi eine Selbstanzeige des Bayern-Trainers, weil er das Gefühl hatte, er müsse etwas tun? Hatte er den entscheidenden Fehler begangen, weil mit Martínez zunächst einer der kopfballstärksten aus dem Bayern-Kader draußen blieb?
Die Vorgeschichte: Ramos – bamm. 0:1 (16.). Wieder Ramos - bamm (0:2). Zwei Flanken, zwei Kopfballtore. Martínez dehnte und streckte sich an der Seitenlinie, mit grünem Leiberl. Jetzt schon? Für wen? Nein. Ja? Pep Guardiola war hin- und hergerissen. Erst zur Pause schickte der Katalane den Basken in die Schlacht, die längst verloren war.
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Beim Stand von 0:3 sollte er mit Bastian Schweinsteiger im Verbund Stabilität bringen – und Schlimmeres verhindern? Schweinsteiger/Martínez, das war 2012/13 der Triple-Garant unter Trainer Jupp Heynckes. Eine Säule der Mannschaft, die selbst im Finale von Wembley gegen anfangs starke Dortmunder als Regulativ wirkte.
Guardiola hat diese Säule eingerissen, als er im Sommer 2013 zum FC Bayern kam. Aus dem 4-2-3-1-System machte er ein 4-1-4-1 mit einem einsamem Sechser. Weil Schweinsteiger für diese Rolle nicht prädestiniert ist, beorderte er Philipp Lahm in die defensive Zentrale. Was bis März meist wunderbar funktionierte. Vor allem, als Thiago, der Peps Wunschspieler, im Zentrum zauberte. Ende März verletzte sich der „kleine Pep“. Vielleicht wäre es mit Thiago gegen Real anders gekommen – egal.
Im wohl wichtigsten Spiel der Saison agierte Lahm als Rechtsverteidiger. Neben Schweinsteiger stellte Pep Toni Kroos. Nun ja. Die Mitte war aufgebrochen. Ein Mauerblümchen. In der zweiten Halbzeit, als Real geschickt verwaltete, gab es Szenenapplaus, als Martínez einen Ball in der eigenen Hälfte erkämpfte (62.). Ein gar nicht so stummer Protest als Gruß an den Trainer?
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Der 43-Jährige hatte am Montag wohl schon mit einer Pleite gerechnet, als er sich mal wieder über Anspruch und Wirklichkeit des Vereins wunderte. Gerade das Nimmersatte, dieses selbstverständliche Hinnehmen von Erfolgen und Titeln stößt ihm sauer auf. „Wir werden Probleme bekommen, wenn wir die kleinen Erfolge nicht mehr genießen können.“ Kleine Erfolge? Die früheste Meisterschaft aller Zeiten war großartig, doch wenn man sich in ein paar Jahren an seine Debüt-Saison erinnert, dann an dieses 0:3 gegen Real Madrid.
Waren die Erwartungen nach dem Titel-Triple 2013 in München zu groß? Hat sich Pep selbst zu viel Druck auferlegt, weil er immer von allen, allen Titeln sprach?
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Und was passiert, sollte Bayern jetzt auch noch das Pokal-Finale gegen Dortmund verlieren? Wenn Guardiola auch das Finale am 17. Mai verpeppt und in der Saison, in der das Triple verteidigt werden sollte, nur der Meistertitel rauskommen? Die Spielzeit würde wohl als eine der enttäuschenderen in die Annalen eingehen. Ehrenpräsident Franz Beckenbauer befürchtet nach dieser Schmach gegen Real, dass es genauso enden wird. „Die Chancen für Dortmund stehen sehr gut jetzt“, sagte er.
„Die Enttäuschung bei den Bayern ist riesengroß. Es wird dauern, bis sie sich gelegt hat. Ich glaube nicht, dass Bayern jetzt noch so spielen wird wie wir sie kennen“. Selbst der HSV, Gegner am Samstag, habe nun große Chancen, gegen die Bayern zu gewinnen, meinte er.