Nach der Kovac-Premiere: Ein Sieg, viele Gewinner

Klagenfurt, München - Renato Sanches reckte die Faust nach oben, er grinste den heranstürmenden Rafinha an, als wolle er sagen: Seht her, ich kann es doch noch! Es war natürlich auch ein freches Ding des Bayern-Youngsters beim 3:1-Sieg im ersten Vorbereitungsspiel in Klagenfurt gegen Paris Saint-Germain: Vom Strafraumeck schoss Sanches rechts an der Zwei-Mann-Mauer vorbei ins Tor zum zwischenzeitlichen 2:1 für die Bayern (68. Minute). Ein solcher Treffer gelingt nur mit Selbstvertrauen. Und genau das scheint Sanches nach enttäuschenden Jahren gerade wiederzufinden.
"Er ist sehr motiviert ins Training gekommen. Er gibt richtig Gas. Deswegen freut es mich, dass er ein gutes Spiel gemacht hat mit einem schönen Freistoßtreffer", sagte nach der Partie Bayern-Trainer Niko Kovac über Sanches und ergänzte: "Wenn ein Spieler aus einem fremden Land, einer anderen Kultur, einer anderen Umgebung kommt, kann man nicht erwarten, dass er so schnell Fuß fasst."
Sanches war 2016 von Benfica Lissabon zu Bayern gewechselt, für viel Geld (35 Millionen Euro plus Extraprämien) und mit riesigen Erwartungen. Schließlich hatte Sanches zuvor mit Portugal die Europameisterschaft gewonnen - als Stammspieler mit gerade einmal 18 Jahren. Bei Bayern konnte Sanches dann nie wirklich überzeugen, ebenso wenig bei Leihklub Swansea City in der vergangenen Saison. Doch Kovac scheint einen guten Zugang zu Bayerns Juwel zu finden. Sanches werde "diese Saison viele gute Spiele für Bayern machen", kündigte Kovac schon mal an.

Auch der Trainer selbst darf sich zu den Gewinnern der ersten Vorbereitungsphase zählen - nicht nur wegen seines sympathischen und kompetenten Auftretens. Was in Klagenfurt auffiel: Die Bayern-Profis sind bereits jetzt ziemlich fit. "Dafür haben wir auch gearbeitet", sagte Arjen Robben. Teilweise mehr als zwei Stunden am Stück lässt Kovac die Stars an der Säbener Straße schuften, ab heute dann für eine Woche in den USA (siehe Seite 18).
Ebenfalls positiv: Das intensive Standardtraining der Bayern zahlt sich aus. Javi Martínez traf nach einer Robben-Ecke per Kopf zum 1:1, nachdem Paris-Stürmer Timothy Weah (31.) die Führung erzielt hatte. "Im internationalen Topfußball kann jeder Standard den Unterschied ausmachen, in einem Freundschaftsspiel, aber auch in einem Viertelfinale der Champions League", sagte Robben.
Kovac und seine Kniffe kommen an bei den Bayern - auch beim Kaiser. "Er kann's!", sagte Franz Beckenbauer bei Sky Sport News HD über den neuen Trainer: "Jetzt muss er nur noch die Mannschaft davon überzeugen, dass sein Weg der richtige ist. Dann denke ich, wird die Erfolgsgeschichte weitergehen."
Einziger Verlierer: Der International Champions Cup
Als Gewinner durften sich auch die vielen Bayern-Youngster fühlen, die sich sehr ordentlich präsentierten - ob nun die zentralen Mittelfeldspieler Paul Will und Oliver Batista Meier oder Stürmer Joshua Zirkzee. Der niederländische Angreifer, gerade 17 Jahre alt, traf nach Vorarbeit des eingewechselten Neuzugangs Serge Gnabry zum 3:1 (78.), ganz lässig mit der Innenseite. Hübsch!
Kovac wollte den Auftakt trotz der guten Ansätze "nicht überbewerten", wie er anmerkte. "Was in der Pre-Season (Vorbereitung, Anm. d. Red.) passiert, ist nicht allzu wichtig. Alle haben es außerordentlich gut gemacht. Wir sind aber noch nicht da, wo wir hinwollen."
Und doch gab es in Klagenfurt eigentlich nur einen klaren Verlierer: den Veranstalter (International Champions Cup). Denn für das günstigste Ticket mussten Fans 57 Euro zahlen. Viel zu viel bei einem Testspiel ohne etliche Topstars. Das Stadion blieb halb leer.