Nach Deadline-Day-Desaster: Talenteschnüffler Christoph Freund beim FC Bayern umso mehr gefragt

München – Der Deadline-Day endete für den FC Bayern in einem Deadline-Day-Bakel. Kein João Palhinha (26/Fulham FC), kein Trevoh Chalobah (24/Chelsea FC), kein Armel Bella-Kotchap (21/Southampton FC), kein Pavard-Ersatz, keine "Holding Six", rein gar nichts wollte am vergangenen Freitag für den Rekordmeister klappen. Zu allem Übel verließ auch noch Ryan Gravenberch (21/Liverpool FC) den Verein.
Immerhin, Harry Kane (30) und Kim Min-jae (26) konnte man verpflichten, zusammen mit Konrad Laimer (26), Raphaël Guerreiro (29) und Ersatzkeeper Daniel Peretz (23). In der Vergangenheit schaffte der FC Bayern diesen Spagat zwischen Weltklub mit den höchsten Ambitionen auf der einen Seite und dem Flair des "Mia san mia“-Dorfvereins mit der familiären Wohlfühlstimmung auf der anderen wie kaum ein Zweiter.
Die besten Zeiten der Bayern waren eigentlich immer die, in denen auf Weltstars, aber eben auch Eigengewächse gesetzt wurde. Das wieder zu schaffen, eben nicht nur Stars wie Harry Kane oder Kim Min-jae nach München zu locken, sondern auch die Schweinsteigers, Lahms, Alabas der Moderne zu finden, ist die Aufgabe von Bayerns neuem Sportdirektor Christoph Freund. Nach dem gründlich verpatzten Deadline Day umso mehr.
"Wichtig, nicht nur teure Stars zu holen": Christoph Freund gibt die Marschroute des FC Bayern vor
Der 46-Jährige hat die Vereinsphilosophie bereits komplett verinnerlicht. "Wirtschaftlich ist es auf Sicht wichtig, Talente zu entdecken, zu entwickeln – und nicht nur teure Stars zu holen", erklärte der Österreicher bei seiner Vorstellung.
Gleich danach schob er jedoch hinterher: "Aber das eine schließt das andere nicht aus. Wir werden auch in Zukunft weiter Top-Stars nach München holen." Die Vergangenheit zeigt, dass das Potenzial, große Spieler zu entdecken und auszubilden, durchaus vorhanden ist. Hier einige prominente Beispiele.
Das Champions-League-Debakel des FC Bayern mit zwei Lichtblicken: Lahm und Schweinsteiger debütieren
Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger: Beide debütierten im November 2002 im Alter von 18, beziehungsweise 19 Jahren beim 3:3 in der Champions League gegen RC Lens.
Lahm nahm zwar den Umweg über eine Leihe zum VfB Stuttgart, dennoch legten beide eine Weltkarriere bei Bayern hin, sie holten je acht Meisterschaften, krönten sich in der DFB-Elf zusammen 2014 zu Weltmeistern.

Toni Kroos: Wie Lahm und Schweinsteiger feierte auch Kroos seinen Einstand unter Ottmar Hitzfeld – im September 2007 mit 17. Zwei Jahre später verlieh ihn der Rekordmeister nach Leverkusen, wo er seinen Mentor fand.
Sowohl bei Bayer als auch in München baute ihn Jupp Heynckes behutsam auf. 2014 ließ ihn der FC Bayern zu Real Madrid ziehen. Mit den Königlichen gewann Kroos viermal die Champions League.
Talente-Hattrick: Louis van Gaal stärkt die Jugend des FC Bayern maßgeblich
Thomas Müller, David Alaba, Holger Badstuber: Die größte Zeit des Bayern-Campus seit 2002 gab es acht Jahre später, weil Louis van Gaal konsequent auf die Jugend setzte. Im Fall von Badstuber waren es Verletzungen, die eine (noch) größere Karriere verhinderten.

Alaba und Müller gewannen in ihren zwölf Jahren zusammen alles beim FC Bayern. Während es den Österreicher jedoch 2021 an die Seite von Kroos zog, ist Müller – mit zwölf Titeln Rekordmeister der Bayern – auch heute Identifikationsfigur des Vereins.
FC Bayern: Was auch Musiala und Davies zu Christoph-Freund-Transfers macht
Jamal Musiala, Alphonso Davies: Musiala (20) und Davies (22) etablierten sich auch – aber nicht nur – über den Campus. Davies kam von den Vancouver Whitecaps, Musiala aus der Chelsea-Akademie.

Vielleicht der Prototyp von Freund-Transfers, auch wenn er selbst nicht daran beteiligt war. Genau auf diese Art entdeckte er die meisten seiner Juwelen, die er dann zu RB Salzburg holte: Als Talent in den Heimatvereinen auffallen, dieses in der Jugend bestätigen und bei den Profis zum Stammspieler wachsen. Fähigkeiten? Check. Verbindung zum Verein und dessen Werten? Check! Vereinsintern gelten die beiden als Zukunft des Klubs und sollen mit allen Mitteln gehalten werden. Ihnen eine langfristige Perspektive aufzuzeigen, wird eine der größten Aufgaben von Freund in der näheren Zukunft.
Højbjerg und Dorsch: Solide Karrieren, auch außerhalb des FC Bayern
Pierre-Emile Højbjerg, Niklas Dorsch: Zwar keine Weltstars, trotzdem legten sie solide Karrieren hin. Højbjerg empfahl sich – über den FC Augsburg und Schalke 04 – für die Premier League. Nach vier Jahren in Southampton ist er inzwischen aus dem Mittelfeld von Tottenham nicht mehr wegzudenken.

Dorsch ist beim FCA Stammspieler – er wurde 2021 mit der U21 zudem Europameister. Schon jetzt braucht es Freunds Talent für Talente, um die aktuelle Saison nicht in einem Debakel enden zu lassen und langfristig so die nächste große Bayern-Ära mitzuerschaffen und mitzugestalten.