Mythos San Siro: Eine Zeitreise durch einen magischen Ort
Mailand - Der kurze Witz geht so: Spielen Inter und der FC Bayern gegeneinander - und keiner der beiden kann seine Heimspiele gewinnen. Ist gar kein Witz, stimmt so.
Denn ob im Olympiastadion (0:2 im Uefa-Cup 1988) oder in der Allianz Arena (1:1 im Jahr 2006 und 2:3 in 2011) - die Münchner blieben zu Hause sieglos. Andersherum verhält es sich genauso. Alle drei Partien im Giuseppe-Meazza-Stadion im Stadtteil San Siro konnten die Bayern gewinnen.
Das Rückspiel 1988 mit 3:1, als "Wunder von Mailand" in die Vereinshistorie eingegangen, dazu die Champions-League-Auftritte (2:0 im Jahr 2006 und 1:0 in 2011). Überhaupt: San Siro, so der frühere Name der monumentalen Arena an der Piazzale Angelo Moratti, ist für den FC Bayern und die deutsche Nationalelf zu einem Mythos geworden.
Eine AZ-Zeitreise vor dem Auftakt der diesjährigen Champions-League-Gruppenphase der Bayern am Mittwochabend bei Inter Mailand (21 Uhr/DAZN und im AZ-Liveticker):
Das "Wunder von Mailand" 1988

"Miracolo a Milano", so der Originaltitel, ist ein italienischer Kinofilm von Vittorio De Sica aus dem Jahr 1951. Okay, falsches Regal. Es geht um den 7. Dezember 1988 als die Bayern die 0:2-Pleite aus dem Hinspiel gegen Inter mit den beiden Ex-Bayern Lothar Matthäus und Andy Brehme furios wettmachen.
"So eine große Mannschaft ist Inter nun auch wieder nicht. Wir werden uns rehabilitieren, die Löffel nicht hängen lassen", kündigte Trainer Jupp Heynckes mutig an und sagte: "Wenn uns ein frühes Tor gelingt, kommt für die das große Zittern." Gesagt, getan.
Nach 33 Minuten trifft Stürmer Roland Wohlfarth zum 1:0, Libero Klaus Augenthaler erhöht auf 2:0. Der Tabellenführer der Serie A, trainiert von Giovanni Trapattoni, gerät ins Schwimmen. Jürgen Wegmann erhöht auf 3:0 noch vor der Pause, Torhüter Raimond Aumann hält fast alles - Endstand 3:1, Bayern erreicht das Viertelfinale. Die italienische Sporttageszeitung "Tuttosport" schreibt: "Ein siebenminütiges Erdbeben zerstörte ein Monument des italienischen Fußballs."
Das WM-Auftaktspiel 1990

Mit 4:1 schießt die Auswahl von DFB-Teamchef Franz Beckenbauer die hochgelobte Mannschaft Jugoslawiens vor zehntausenden deutschen Anhängern aus dem Stadio San Siro. Der bärenstarke Antreiber Lothar Matthäus trifft zwei Mal, dazu das Sturmduo Jürgen Klinsmann (damals ebenfalls bei Inter unter Vertrag) und Rudi Völler. Der ideale WM-Auftakt und Wegbereiter eines für den DFB glorreichen Turniers.
Das WM-Achtelfinale gegen Holland 1990

Exakt zwei Wochen später wurde es an Ort und Stelle - das San Siro wird in Italien auch als "La Scala del Calcio" (Die Oper des Fußballs) bezeichnet - noch heißer. Im Achtelfinale trifft "Inter-Germania" auf "Milan-Olanda" mit Gullit, Rijkaard und van Basten.
In der 21. Minute geraten Völler und Frank Rijkaard aneinander, der Niederländer spuckt dem Roma-Legionär in die Vokuhila-Frisur, beide sehen die Rote Karte - Völler zu Unrecht. In einem emotional aufgeladenen Spiel treffen Klinsmann und Brehme, Koeman kann per Elfmeter nur noch verkürzen. Beckenbauer & Co. stehen im Viertelfinale, holen wenig später in Rom gegen Argentinien den WM-Titel.
Das Champions-League-Finale 2001

Die Paraden von "Titan" Oliver Kahn im Elfmeterschießen des Endspiels gegen den FC Valencia sind legendär. Nach einem 1:1 über 120 Minuten (Bayern-Torschütze per Elfmeter: Stefan Effenberg) muss die Entscheidung im Shootout fallen.
Kahn hielt drei Versuche der Spanier, danach jubelte Bayern-Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge: "Ich war zweimal der Ohnmacht nahe, und dann hat uns Olli Kahn mit seinen Paraden den Titel gesichert. Er ist der beste Torwart der Welt." Am Dienstagabend erzählte der heute 35-jährige Julian Nagelsmann wie er damals - als Bayern-Fan! - das Endspiel 2001 erlebte: "Ich bin immer von der einen auf die andere Seite auf dem Sofa herumgerutscht. Ich weiß noch die Posen von Olli, als er die entscheidenden Dinger gehalten hat. Ich habe das mal bei ihm im Büro nachgemacht."
Kahn hat den Bayern-Trainer dabei nicht mit dem Handy gefilmt. Leider.