Müller über den Pott: „Wir holen dieses Scheiß-Ding!“
Die Nacht der braven, aber gierigen Stars: Wie der FC Bayern nach dem 3:0 in Barcelona den Einzug ins Finale der Champions League gegen Dortmund feiert
München - Wenigstens Siegershirts hatten sie diesmal vorbereitet, anders als bei der Meisterfeier in Frankfurt. Ganz in Weiß, eher unschuldig, schlicht mit dem Aufdruck. „Final Wembley 2013“. So wie es kommen musste nach dem 4:0 im Hinspiel dieser Champions League. Also kümmerten sich die Bayern-Verantwortlichen nach dem 3:0 im Rückspiel vor Ort im Camp Nou in Barcelona um andere Dinge, um die zwischenmenschlichen. Borussia Dortmund? Der Finalgegner? Weit weg. Noch.
Auf dem Nachmitternachtsbankett im Festsaal des Teamhotels „Hesperia Tower“ waren Geburtstage wichtiger. Erst Spieler Diego Contento, 23 Jahre jung. Dann wurde Alfons Schuhbeck, der Vereinskoch, an den Tisch der Bosse gebeten, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge stimmte ein „Happy Birthday!“ an. Man umarmte sich, Kochschürze an Anzugsakko. „Fonse, sag mal, hattest du gestern Geburtstag oder jetzt, seit ’ner halben Stunde?“, raunte ihm ein Fan zu. Zweiteres – Schuhbeck schüttelte en passant die Hand, rief nur über die Schulter: „64!“
Rastlos. Atemlos. Wie die Bayern-Profis. Denn über allem schwebt: Borussia Dortmund, das Endspiel am 25. Mai in Wembley. Die ultimative Zuspitzung: Triple oder Tragödie. Es gibt nur eine Abzweigung. „Ich glaube, dieses Finale ist für Bayern noch wichtiger als Spiele gegen Real oder Barcelona“, sagte Franck Ribéry am Morgen danach der AZ, „es wird komplett anders. Wenn wir so wie gegen Barcelona spielen, haben wir eine große Chance.“
Sie wollen. Unbedingt. Der dritte Versuch in vier Jahren, der emotionalste, riskanteste – wenn’s gut geht: glorreichste. Weil es Dortmund ist. Es wäre ein Bonus fürs ohnehin schon einmalige Triple. „Ich glaube, diese Mannschaft kann in diesem Jahr die Geschichtsbücher des FC Bayern neu schreiben“, sagte Rummenigge bei seiner Bankettrede: „Ich bin überzeugt: Wir packen das!“ Bravo-Rufe und Applaus überdeckten die letzten Worte. Dann rief er den Spielern zu: „Ihr seid ein verschworener Haufen! Ich finde es wunderbar, wie ihr in diesem Jahr mit großer Harmonie, mit großer Qualität und Konzentration an den Zielen gearbeitet habt. Das ist etwas, das ich fast bewundere, wie ihr das gemacht hat.“ Die rund 500 Edel-Fans standen und prosteten sich zu. Mit Cava, Wein und Weißbier.
Und die Spieler? Kategorie Gier. Hunger. Wasser. Sie sind im Tunnel. Das Licht an dessen Ende glänzt silbern: der Pott. Zwei Jahre konnte man nicht feiern, eine Saison lang durfte und wollte man nicht. Thomas Müller mit klarem Vokabular: „Wir arbeiten darauf hin, dass wir dieses Scheiß-Ding endlich nach München holen.“ Nach dahoam.
Was dürfte das wohl für eine Feierexplosion geben am 25. Mai in London. Das Team-Hotel in Englands Hauptstadt sollte die Alkoholvorräte aufstocken und die Schrauben an den Tischen fest anziehen. Ständig hielten sie sich zurück, die brave Helden. Demütig. Womöglich auch wegen des wegen seiner Steueraffäre angeschlagenen Präsidenten Uli Hoeneß, der nicht mal eine der üblichen Siegerzigarren paffte und so früh wie nie gen Zimmer entschwand. Müller war einer der wenigen, der mit einem Glas Rotwein in der Hand durch die Reihen ging, Bastian Schweinsteiger mit einem Teller voll Vitaminen – Obst. Um 1.30 Uhr war der letzte Spieler verschwunden, in der Lobby machten Fans Fotos. Big Party? Aufgeschoben!
Für das ganz große Ding. Ribéry sagte zur AZ: „In diesem Moment kann man sagen: Wir sind die Nummer eins in Europa. Wir sind stark, wir wollen diese Titel.