Müller: "Habe einen Lauf"
München - Am Donnerstagmittag feierten sie alle zusammen. Die traditionelle große Torte bekam Geburtstagskind Thomas Müller von seinen Mannschaftskollegen bei Bayern München überreicht, seinen Wunsch beim Auspusten der 23 Kerzen konnten wohl alle Umstehenden erraten. „Eine Stammelf gibt es bei uns nicht mehr, nur noch eine Startelf“, sagte der Jubilar am Donnerstag selber. In seinem 24.Lebensjahr möchte Müller so oft wie möglich Teil von dieser sein - was im Luxuskader von Trainer Jupp Heynckes allerdings alles andere als selbstverständlich ist.
Toni Kroos, Arjen Robben, Franck Ribery, Xherdan Shaqiri, Bastian Schweinsteiger – und Javier Martinez: Seit dem Transfer des spanischen Weltmeisters tummeln sich im Mittelfeld des Rekordmeisters noch mehr Stars als zuvor. „Wir haben gute Neuzugänge und viel Qualität. Aber ich habe einen kleinen Lauf. Und jeder weiß,
dass dann alles ein bisschen leichter geht“, sagte Müller. Drei Tore und zwei Vorlagen hat der 35-malige Nationalspieler zu den ersten beiden Siegen in der Liga beigetragen, für eine ähnliche Bilanz brauchte er in der vergangenen Saison 21 Spieltage. Verständlich daher, dass der WM-Torschützenkönig von 2010 vor den
am Samstag (15.30 Uhr) gegen Mainz 05 eingeläuteten englischen Wochen vor Selbstvertrauen strotzt. „Ich bin gut drauf, habe Spiele gemacht und noch dazu die beste Trefferquote. Ich erfülle also alle Kriterien“, sagte er lachend. Nun mag es Müller in die Karten spielen, dass Robben derzeit an einer Muskelverhärtung laboriert und sein Einsatz am Samstag als noch nicht sicher gilt. „Aber ich habe auch so meine zwei Positionen, auf denen ich auflaufen kann und will“, sagte er.
Um den Platz in der zentralen Offensive streitet sich Müller derzeit mit Heynckes' Lieblingsschüler Toni Kroos, der durch Martinez von seiner ungeliebten Sechserposition verdrängt wurde. Auf rechts ist eigentlich Robben gesetzt. „Der Trainer hat jetzt jede Woche die Qual der Wahl. Ich kann nur sagen, dass ich Fußballer mit Mark und Bein bin. Ich will spielen und erfolgreich sein“, sagte Müller. Wie ein Großteil der Mannschaft des Tabellenführers gab auch er zu, dass der neue Konkurrenzkampf „vielleicht unterbewusst schon noch einen kleinen Prozentsatz ausmacht.“ Diese Steigerung, „die manchmal ein gutes von einem schlechten
Spiel unterscheidet“, sieht man Müller derzeit an. In der Nationalelf spielte er in der vergangenen Woche zwar nicht ganz so glanzvoll wie zuvor im Bayern-Trikot. Allerdings doch deutlich auffälliger als bei der torlosen EM vor drei Monaten. „Die Bälle fallen einfach wieder auf den Fuß“, sagte er zuletzt treffend.
Müller wirkt, als verstehe zumindest er seine teils diffusen Laufwege wieder genau: „Und deshalb habe ich auch den Anspruch, auf dem Platz zu stehen.“ Die Sicht von der Bank aus kennt Müller aus der vergangenen Spielzeit noch genauer als ihm lieb ist.
Dass TV-Experte Mehmet Scholl Müller am vergangenen Dienstag nach dem glücklichen 2:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Österreich nicht für dessen Spielweise, sondern für die angeblich unpassende Spielanalyse kritisierte, spricht Bände. Ein Stück von der großen Geburtstagstorte bekam der ehemalige Bayern Spieler und heutige Trainer der Reservemannschaft aber dennoch nicht ab: „Er hat mir noch nicht gratuliert.“