Müller gegen Kroos - und Shaqiri gegen alle
MÜNCHEN Ab jetzt gilt’s: Immer wieder hat Jupp Heynckes in den letzten Wochen betont, dass man das Champions-League-Finale am 19. Mai wohl gewonnen hätte, wenn er damals schon ein paar Spieler mehr auf der Bank gehabt hätte. Tatsächlich hatte man in der letzten Saison den Ausfall von Bastian Schweinsteiger nie kompensieren können, im verlorenen Finale gegen Chelsea hatte in Anatolyi Tymoshchuk sogar ein Mittelfeldspieler als Innenverteidiger agieren müssen.
Dies sollte heuer nicht mehr passieren. Nun hat der Coach nicht nur mehr Alternativen im Kader, sondern seit ein paar Tagen sogar einen Spieler bekommen, der in den nächsten Jahren zur absoluten Führungsfigur beim FC Bayern werden soll. Für 40 Millionen Euro ist Javi Martínez von Atletic Bilbao gekommen, die Transferausgaben des Sommers schraubten die Bayern so vor dem Heimspielauftakt gegen Stuttgart (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht begonnen) auf 69 Millionen Euro nach oben.
Heynckes wird sich an seinen Worten messen lassen müssen. Er hat die Spieler bekommen, die er haben wollte. Neben dem Offensivwirbler Xherdan Shaqiri, den beiden umtriebigen Stürmern Mario Mandzukic und Claudio Pizarro, dem neuen Verteidiger Dante, Ersatzkeeper Tom Starke und Mitchell Weiser, dem Versprechen für die Zukunft, war dies vor allem Martínez. Er hat nun den großen Kader beisammen, den er haben wollte. Gespickt mit internationalen Stars, voller unterschiedlicher Charaktere.
Jede Woche wird Heynckes sich nun die Frage stellen müssen, wen er auf der Bank lässt, er wird auch mal unangenehme und unpopuläre Entscheidungen treffen müssen. Doch er verweist schon jetzt darauf, dass die Saison lang ist, dass Bayern wieder möglichst nah an die 60-Spiele-Marke kommen möchte, sprich: in allen drei Wettbewerben möglichst bis zum Schluss dabei sein möchte. Dennoch: Es ist enger geworden in der Bayern-Kabine. Die größten Duelle um die Plätze:
Thomas Müller vs. Toni Kroos: Ein Duell, das im Grunde schon seit der Rückrunde der letzten Saison läuft – und noch immer nicht entschieden ist, weil Kroos immer wieder im defensiven zentralen Mittelfeld aushelfen musste. Durch Martínez’ Verpflichtung wird Kroos aber wieder nach vorne auf die Spielmacherposition rücken, wo Müller rechtzeitig zu Saisonbeginn seine Form und Torgefahr wieder gewonnen zu haben scheint. Es ist ein Duell zweier Nationalspieler, die in ihrer Spielweise unterschiedlicher nicht sein könnten: Hier der anarchische Müller, mit seinen Laufwegen, die manchmal er selbst nicht versteht, da der eigentliche Heynckes-Liebling und geniale Passgeber Kroos, dem Heynckes zuletzt aber zu wenig Torgefahr attestierte. Tendenz: Müller im Vorteil
Dante vs. Jerome Boateng: Ein Duell, das eigentlich keines sein dürfte. Linksfuß Dante fühlt sich auf der linken Innenverteidiger-Position am Wohlsten, Boateng auf der rechten. Weil aber Badstuber als linker Innenverteidiger gesetzt ist (wenn er nicht gerade wie derzeit David Alaba als Linksverteidiger vertreten soll), streiten sich Dante und Boateng um den Platz neben Badstuber.
Tendenz: Vorteil Boateng
Xherdan Shaqiri gegen alle Kreativspieler: Heynckes wollte das kleine Schweizer Kraftpaket vom FC Basel unbedingt, der 20-Jährige war der Gewinner der Vorbereitung, er schenkt dem Bayern-Spiel Kreativität und Unberechenbarkeit. Nur: Die Flügel sind mit Robben und Ribéry besetzt, hinter der Sturmspitze rangeln bereits Müller und Kroos um den Platz. Shaqiris Vorteile ist, dass er jede Position ausfüllen kann – und nach Einwechslungen sofort im Spiel ist.
Tendenz: Wichtiger Joker. Wird auf viele Einsätze kommen, zumal Robben und Ribéry verletzungsanfällig sind.
Mario Gomez vs. Mario Mandzukic: Ein Duell, das momentan wegen Gomez’ Verletzung ruht. Mandzukic traf bisher in jedem Pflichtspiel, ist viel beweglicher und variabler als Gomez, dessen Torinstinkt aber unerreicht ist. Claudio Pizarro ist und bleibt Stürmer Nummer 3.
Tendenz: Wenn Gomez fit ist, wird er spielen – bis zur ersten Torkrise.