Müller deutet Fortsetzung seiner Karriere an – Wechsel in die USA?

München - Dass dieser schlaksige Jungspund eines Tages als einer der größten Spieler in die Geschichte des deutschen Fußballs eingehen würde, hatte am 15. August 2008 wohl kaum jemand gedacht. Es lief gerade die 79. Minute des Saison-Auftaktspiels zwischen dem FC Bayern und dem Hamburger SV, als Miroslav Klose beim Spielstand von 2:2 den Platz für einen gewissen Thomas Müller verlassen musste. Am Ergebnis konnte der junge Angreifer nichts mehr ändern – und dennoch war es der Startschuss für eine Weltkarriere.
Nun, gut 17 Jahre später, ist Müller eine lebende Legende, ein wandelndes Denkmal. Zweimal gewann er mit dem FC Bayern die Champions League, zwölfmal die deutsche Meisterschaft und sechsmal den DFB-Pokal. Mit 738 Einsätzen ist er vor Ikonen wie Sepp Maier, Oliver Kahn, Gerd Müller oder Franz Beckenbauer der Spieler, der am häufigsten für den Rekordmeister auflief. Könnte man einen Bayern-Spieler im Reagenzglas züchten, es würde Thomas Müller dabei herauskommen.
Müller-Karriereende im Sommer? "Habe weiterhin sehr viel Spaß am Fußball"
35 Jahre ist der gebürtige Oberbayer mittlerweile alt. Den Großteil seiner Spiele hat er schon hinter sich, das weiß er selbst am besten. Am 30. Juni läuft sein Vertrag beim FC Bayern aus. Ob er noch einmal verlängert oder seine Kickstiefel nach einem Vierteljahrhundert (!) im Trikot des Rekordmeisters an den Nagel hängt, ist noch offen.
Gegenüber dem "Spiegel" hat Müller nun eines seiner seltenen schriftlichen Interviews gegeben und dabei durchblicken lassen, dass er sich durchaus vorstellen kann, seine aktive Karriere über den Sommer hinaus fortzusetzen. "Auf jeden Fall fühlt es sich so an. Ich schließe nichts aus. Es könnte auch sein, dass es im Sommer vorbei ist. Aber ich habe weiterhin sehr viel Spaß am Fußball", sagt der Weltmeister von 2014.
Müller: "Dieses Adrenalin kriege ich nach dem Karriereende nie wieder"
Mit dem FC Bayern befinde er sich aktuell in Gesprächen, es gehe um die sportliche Perspektive und freilich auch ums Finanzielle. Der 35-Jährige gehört zu den Top-Verdienern und wichtigsten Führungsspielern innerhalb der Mannschaft. Sein sportlicher Stellenwert auf dem Platz ist indes nicht mehr derselbe von früher. Daran wird sich auch nichts mehr ändern, das liegt in der Natur der Sache.
Bei seiner Entscheidungsfindung geht es Müller auch um den Kick, den er auf dem Platz verspürt. "Ich bin realistisch, dieses Adrenalin kriege ich nach dem Karriereende nie wieder", sagt er: "Das gilt auch für den Druck, dem man sich stellen muss. Bringst du deine Leistung? Erfüllst du deine Erwartungen und die von außen? Es kitzelt so stark, dass du schwer loslassen kannst." Solange er sich körperlich in der Lage sehe, sich dieser Herausforderung zu stellen "und um den Kitzel zu kämpfen, will ich weitermachen", so Müller. Ob das zwingend in München sein muss?
Bei Müller stand schon häufiger ein Bayern-Abgang im Raum
Nicht unbedingt, meint der 35-Jährige, der in Oberbayern tief verwurzelt ist. Schon während seiner ganzen Karriere hätte ihn die Heimatverbundenheit nicht an einem Wechsel gehindert, sagt der Ex-Nationalspieler. "In Vertragsverhandlungen geht es nicht um die Vorzüge des Münchner Umlands, sondern ums Fußballspielen, um Vertragslaufzeiten und das Finanzielle", erklärt Müller: "Entscheidend ist immer die sportliche Perspektive. Wenn du die auch woanders siehst, dann geht’s ans Abwägen."
Tatsächlich stand im Laufe der Jahre bei Müller auch immer wieder ein Wechsel im Raum. In seiner Debütsaison 2008/09 etwa, als er unter Jürgen Klinsmann bei den Profis kaum zum Einsatz kam, wollte ihn etwa die seinerzeit aufstrebende TSG Hoffenheim verpflichten. Vor zehn Jahren war es sein einstiger großer Förderer Louis van Gaal, der ihn gerne zu Manchester United geholt hätte. Auch während der Zeit unter Niko Kovac, der den Angreifer zum Bankdrücker degradiert hatte, gab es Wechselgedanken.
Wechselt Thomas Müller in die USA?
Dass es Müller zum Ausklang seiner großen Karriere nochmal zu einem anderen Verein zieht, ist nicht völlig ausgeschlossen. Vor allem Spekulationen über einen Wechsel in die USA halten sich hartnäckig. Einen ähnlichen Weg gingen in der Vergangenheit bereits die Bayern-Legenden Franz Beckenbauer (Cosmos New York) oder Gerd Müller (Fort Lauderdale).
In der MLS würde Müller auf seinen ehemaligen Teamkollegen Eric Maxim Choupo-Moting (New York Red Bulls) sowie Marco Reus (LA Galaxy) und Lionel Messi (Inter Miami) treffen. Sportlich ist die Liga zwar zweitklassig, aufgrund der Klub-WM in diesem und der regulären Weltmeisterschaft im kommenden Jahr erwartet der Soccer in den USA aber einen enormen Boom. Ein Weltstar wie Müller würde diesen zusätzlich befeuern – und er selbst davon profitieren.
Hoeneß kann sich Müller als Funktionär beim FC Bayern vorstellen
Unabhängig vom weiteren Verlauf seiner aktiven Karriere ist klar: Eines Tages soll Müller zum FC Bayern zurückkommen, in welcher Funktion auch immer. Ehrenpräsident Uli Hoeneß macht ihm im AZ-Interview die Tür für einen Funktionärsposten beim Rekordmeister auf. "Thomas ist ein cleverer Bursche, ihn könnte ich mir für alles vorstellen", meint Hoeneß: "Er hat so vieles, was man in dem Job brauchen kann: Er ist intelligent, sehr bodenständig, eloquent."