Mühsamer Arbeitssieg gegen Nöttingen

Karlsruhe - Dann war sie tatsächlich da. Die 16. Minute. Die eine Minute Ruhm, von der Niklas Hecht-Zirpel vorher wohl nicht mal zu träumen gewagt hatte: Der Stürmer des FC Nöttingen, der Mann, den sie beim Oberligisten noch in 50 Jahren kennen werden, erzielte das 1:1 gegen den FC Bayern.
Nicht irgendwie, sondern mit einem Tunnel gegen Torhüter Sven Ulreich. Nicht in irgendeinem Testspiel, sondern in der ersten Runde des DFB-Pokals. Nachdem er sich zuvor im Zweikampf nicht gegen irgendwen durchgesetzt hatte, sondern gegen Weltmeister Philipp Lahm.
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Der Stürmer riss die Arme nach oben, visierte die Ersatzbank an und spurtete los. Dort warteten seine Teamkollegen natürlich schon, um ihren Torhelden zu feiern. Dass Mario Götze nur 60 Sekunden später wieder auf 2:1 erhöhte, die Bayern das Duell letztlich 3:1 (3:1) gewannen, störte später niemanden mehr. Denn die Nöttinger hatten bereits ihren großen Pokalmoment. Und den konnte ihnen keiner mehr nehmen.
Schon in der Vorbereitung hatten die Nöttinger alles probiert, sogar ein eigenes Lied aufgenommen. „Wie ein Feuer“, heißt der Song, der bei Youtube schon mehr als 40 000 Mal aufgerufen wurde. Dominic, der Sohn von Trainer Michael Wittwer, war außerdem zum Supercup nach Wolfsburg gereist, er hatte die Bayern beim Audi Cup beobachtet. Und der Spion hatte Schwachstellen entdeckt: Bei Standardsituation etwa seien die Bayern zu knacken, und auch dann, wenn Medhi Benatia am Ball sei.
Der Marokkaner erhielt von Pep Guardiola allerdings gar kein Startelfticket. So wie einige andere Stars der Bayern, die man eigentlich von Beginn an erwartet hatte: Thomas Müller, Xabi Alonso, Arjen Robben und Manuel Neuer saßen zunächst allesamt nur draußen. Der zuletzt angeschlagene Thiago (Magenprobleme) stand gar nicht erst im Kader. Für Stammtorhüter Neuer durfte Ulreich seine ersten Pflichtspielminuten im Bayern-Trikot bestreiten. Und dann wurde er gleich mit einem Beinschuss düpiert. Auch sonst konnte Ulreich nicht überzeugen, wirkte fahrig. Der hochtalentierte Joshua Kimmich stand genauso in der ersten Elf wie die anderen Top-Neuzugänge Arturo Vidal und Douglas Costa. Und auch Götze, dessen Abschied weiter im Raum steht, wurde von Guardiola nominiert.
Völlig überraschend hatten die Bayern über weite Strecken große Probleme mit dem Oberligisten. Oder eher: mit ihrer Einstellung. „Es geht um die mentale Seite“, hatte Sportvorstand Matthias Sammer vor der Partie gesagt. In dieser Hinsicht war die Leistung der Pep-Elf ausbaufähig. Nach Vidals Führungstreffer per Handelfmeter (5. Minute) und dem einminütigen Rausch der Nöttinger, den Götze beendete, zeigte sich die Bayern-Abwehr einmal mehr konteranfällig. Sogar gegen eine Feierabend-Mannschaft.
Mario Bilger hatte mit einem satten Linksschuss die Chance zum 2:2 (22.). Erst als Robert Lewandowski die Bayern aus kurzer Distanz mit 3:1 in Führung brachte (26.), nahm das Spiel den erwarteten Verlauf. Guardiolas Team kontrollierte den Ball – ohne zu glänzen. Und ohne zu weiteren Toren zu kommen. Nöttingen lief hinterher, was angesichts der Hitze im Karlsruher Wildparkstadion immer mühsamer wurde.
Offenbar nur nicht für Torschütze Niklas Hecht-Zirpel, der Mitte der zweiten Halbzeit die Bayern-Stars Kimmich und Pierre-Emile Höjbjerg mit einer feinen Körpertäuschung narrte. Es war sein Tag – und trotz des Weiterkommens nicht der der Bayern.