Mittelstürmer-Diskussion: FC Bayern will wieder neunerln

München - Die Diskussion wird nicht aus der Welt zu schaffen sein, nicht in dieser Saison. Oder so lange nicht, bis der FC Bayern wieder einen klassischen Mittelstürmer unter Vertrag genommen hat. Und wenn einer wie Ehrenpräsident Uli Hoeneß dieser Debatte wieder frische Nahrung gibt, köchelt das Thema umso intensiver.
"Eines ist ganz sicher, dass ich glaube, dass uns schon ein Neuner fehlt", sagte der 70-Jährige im "Sonntags-Stammtisch" im BR. "Das ist eine schwierige Entscheidung gewesen, den Robert abzugeben. Mit dem Risiko, dass man bestimmte Tore nicht mehr macht - nämlich so eines wie Modeste gestern."
Was Hoeneß damit meinte: Den Ausgleichstreffer des BVB zum 2:2 im deutschen Clásico am Samstag hätte auch ein Lewandowski gemacht. Aus kürzester Distanz, mit dem Riecher eines gelernten Mittelstürmers. Der wechselwillige Fifa-Weltfußballer war im Sommer für rund 45 Millionen Euro Ablöse an den FC Barcelona abgegeben worden.
Die daraus resultierende Diskussion sei "auf jeden Fall programmiert" gewesen, schließlich habe der Verein "den nach Gerd Müller erfolgreichsten Stürmer der Bundesliga-Geschichte abgegeben", sagte Thomas Müller der "SZ". Müller ergänzte, es habe sich im vergangenen Sommer aber auch "eine Chance" ergeben, "die der Verein ergriffen hat: dass er bei der Marktlage Lewy verkauft - und dafür einen überragenden Spieler von der Qualität eines Sadio Mané zum FCB holt".
FCB-Boss Hainer: "Es muss der richtige Spieler auf dem Markt sein"
Wenn Hoeneß solche Sätze ("Ich meine, dass man sich mit dem Thema zumindest mal mittelfristig beschäftigen muss") platziert, bereitet er den Weg dafür, dass die Öffentlichkeit weiß: Da kommt was bzw. da ist längst was im Busch.
Präsident Herbert Hainer bestätigte in der BR-Sendung "Blickpunkt Sport", dass man sich mit einem Transfer für Sommer 2023 beschäftige: "Es ist nicht primär eine Frage des Geldes, sondern es muss der richtige Spieler auf dem Markt sein. Wenn es die Gelegenheit gibt, werden wir uns die intensiver angucken."
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Neuer Bayern-Neuner: Das ist der 1A-Kandidat
Harry Kane (29), der Kapitän der englischen Nationalelf. Falls er seinen Vertrag bei Tottenham Hotspur nicht über 2024 hinaus verlängert, soll er im nächsten Sommer ein Jahr vor Vertragsende kommen. Am Dienstag sagte Kane: "Der FC Bayern ist ein Top-Top-Klub. Ich fokussiere mich voll auf meine Aufgabe bei Tottenham."
Neuer Bayern-Neuner: Das sind die 1B-Kandidaten

Patrik Schick (26) von Bayer Leverkusen steckt in der Krise - nur drei Tore in 13 Spielen. Vorige Saison: 24 Tore. Der Tscheche verlängerte seinen Vertrag bis 2027. Vorteil: Wie André Silva (26/Vertrag bis 2026) von RB Leipzig kennt der Portugiese die Bundesliga.
Neuer Bayern-Neuner: Das sind die Unwahrscheinlichen

Álvaro Morata (29/Vertrag bis 2024) von Atlético Madrid sowie Dusan Vlahovic (22/bis 2026) von Juventus und Lautaro Martínez (25 bis 2026) von Inter Mailand sind in Relation von erwarteter Ablöse und Qualität keine Kandidaten.

Für Trainer Julian Nagelsmann, der das Fehlen eines echten Neuners nicht einräumen kann, weil ihm das als Alibi für schwache Ergebnisse ausgelegt werden würde, sagte zur Hoeneß-Forderung am Dienstagabend in Pilsen: "Wir haben extrem viele Chancen. Wir haben statistisch gesehen sogar mehr Chancen als letztes Jahr. Es ist was Gutes, dass wir mehr Flexibilität vorne haben. Man muss das Große und Ganze sehen. Wenn man weniger Tore schießt, ist es immer leicht zu sagen, dass bei uns ein Stürmer fehlt." Aber wenn es Hoeneß, die Eminenz vom Tegernsee ausspricht?

Nagelsmanns Antwort: "Ganz unabhängig davon, ob der Ehrenpräsident oder sonst wer das kommentiert: Am Ende ist es mein Job, das hinzukriegen. Der Kader ist gut genug, das zu kompensieren." Daran wird er gemessen...