„Mir gefällt die graue Unterhose, meine Frau findet’s komisch“
Arjen Robben macht sich über Holland-Klischees lustig, liebt die familiäre Atmosphäre bei den Bayern, schätzt die Spannung in der Bundesliga – und erklärt, wie Trainer van Gaal wirklich tickt.
AZ: Herr Robben, wir müssen gleich zu Beginn über Mode sprechen. Da haben sie mit Ihrer langen, grauen Unterhose in den letzten beiden Spielen für Diskussionen gesorgt. Grau zum roten Dress und dann noch die neon-grünen Schuhe!
ARJEN ROBBEN: Die Hose ist vom Verein. Ich halte gerne alle Muskeln warm, das ist wichtig. Dann spiele ich am besten. Ich bin ein explosiver Spieler, da muss man sich gut aufwärmen. Es sieht nicht super aus - aber ist funktional.
Jetzt ehrlich: Was hat Ihre Frau Bernadine gesagt?
(schmunzelt) Meine Frau meinte, es sieht nicht schön aus, etwas komisch.
Und die Kollegen?
Ja klar, die flachsen natürlich. Aber kein Problem - das gehört dazu.
Die Fans würden vielleicht lieber rote Unterwäsche bei Ihnen sehen.
Ich hatte auch einmal eine schwarze, aber diese graue gefällt mir gut.
Na gut, lassen wir das mal durchgehen. Sprechen wir nun über Ihr Heimatland. Die Deutschen machen Witze über Holländer. Wie sieht's umgekehrt aus? Einen Witz parat?
Nein, da bin ich nicht gut drin. Außerdem machen wir unsere Witze über die Belgier.
Es gibt so viele Vorurteile. Ein paar Klischees: Holländer sind immer im Wohnwagen unterwegs, schmücken ihre Gärten mit Tulpen, mampfen Frikandels oder gönnen sich in einem Coffee-Shop was.
Ach ja, das hat keine große Bedeutung für mich. Witzig ist jedoch dies: Wenn du irgendwo in der Welt bist, ob in Asien oder in Südamerika, wissen die Menschen alles über die Coffee-Shops in Amsterdam. Das ist komisch, aber ich bin nicht aus Amsterdam.
Sondern aus Bedum in der Provinz Groningen. In Ihrem Geburtsort steht ein berühmter Turm. Der schiefe Turm von Bedum.
Ja, das ist unser Wahrzeichen. Er ist nicht so hoch, aber noch schiefer als der Turm von Pisa. Ich glaube, er ist der schiefste Turm der Welt.
Sorry, stimmt nicht. Okay, ich habe nachgeschaut: Der schiefste Turm der Welt ist der Kirchturm von Suurhusen in Ostfriesland, steht im Guinness-Buch der Rekorde. Sind Sie noch oft in Bedum?
Meine Eltern und meine Schwestern leben noch dort, nur ein oder zwei Mal im Jahr bin ich dort. Aber das Familiäre, das finde ich auch hier bei Bayern.
Wie meinen Sie?
Bayern ist ein familiärer, fan-naher Klub. Ich habe jetzt fünf Jahre ohne Fans, ohne Presse trainiert - die Einheiten waren immer geschlossen. Hier ist es oft öffentlich. Dazu kommt: Die Leute, die hier arbeiten, sind alles Klub-Legenden, machen ihre Jobs schon sehr lange. Es ist sehr persönlich hier, gemütlich.
Und sehr holländisch. Mit Ihnen, Kapitän Mark van Bommel und Edson Braafheid sind drei Profis unter Vertrag, dazu kommt der Trainerstab um Louis van Gaal. Prägen Sie nun eine Ära?
Ich glaube, wir Holländer haben es einfach in Deutschland, in der Bundesliga. Es ist leicht wegen der Sprache, die ähnlich ist. Wir hatten Deutsch in der Schule, können uns leichter anpassen. Auch die Mentalität im Fußball ist ähnlich. Wir sind sehr anpassungsfähig. Ich erzähle Ihnen mal was: In Madrid waren wir einmal sechs Holländer. Als es eine Krise gab, hat man gesagt: Die Holländer müssen weg - nicht die anderen. Aber das ist eben so. Aber man sollte nicht über Nationalitäten reden, sondern über Qualitäten.
Auch über Fußball-Kulturen. Sie haben in England und Spanien gespielt, nun in der Bundesliga.
Es sind drei verschiedene Kulturen. Der englische Fußball ist immer noch sehr physisch geprägt. Doch im letzten Jahrzehnt gab es durch all die ausländischen Trainer und Spieler eine Entwicklung. In Spanien geht es mehr um Taktik und Technik, jede Mannschaft dort will Fußball spielen – selbst als ich bei Real Madrid war im Bernabeu. Da kommt ein Underdog und spielt frech nach vorne, das ist in der Premier League undenkbar: Manche verteidigen und verteidigen - und warten auf ihre eine Chance.
Und die Bundesliga?
Das ist eine schöne Mischung. Hier lebt der Fußball. Die Stadien sind immer voll, die Atmosphäre ist toll. Einige Mannschaften können Meister werden oder sich für Europa qualifizieren - in England und Spanien sind es immer dieselben vier, fünf Teams.
Mit Ruud van Nistelrooy kommt ein Weltstar in die Bundesliga - von Real Madrid. Es ist nicht so, dass alle nur dorthin wollen, siehe Franck Ribéry. Wie können Sie ihn überzeugen, im Sommer nicht nach Spanien zu Ihrem Ex-Arbeitgeber zu wechseln?
Ich freue mich sehr für Ruud, er ist ein guter Freund. Er hatte viel Pech mit seinen Verletzungen und man kann nur Respekt davor haben, dass er noch spielt - er ist ja schon 33 Jahre alt. Er wollte nicht mehr nur warten, er will kämpfen. Er ist immer noch einer der besten Mittelstürmer der Welt. Was Franck betrifft: Er ist ein Star hier, bei Real wäre er einer von vielen. Er sollte sich das gut überlegen.
Auch der Vertrag von Kapitän van Bommel läuft im Sommer aus.
Er muss bleiben! Mark ist ein echter Kapitän, ein Leader, sehr wichtig für die Mannschaft und natürlich ein sehr guter Spieler.
Am Samstag haben Sie Ihren Trainer zu einer Slapstick-Einlage gezwungen. Hat sich Louis van Gaal verändert mit dem Erfolg?
Nein, er will immer das Beste für die Mannschaft. Er ist ein wahrer Profi, arbeitet immer 100 Prozent - das verlangt er auch von seinen Mitarbeitern und Spielern. Das ist seine oberste Maxime. Und wenn Zeit für Spaß ist, dann ist Zeit für Spaß.
Und all seine Regeln? Er ist sehr strikt, bisweilen stur. Disziplin geht ihm über alles.
Es geht um die richtige Mischung. Wir sind aber kein Kindergarten. Regeln müssen sein, für mich sind sie nicht so wichtig. Pünktlichkeit ja klar - aber nicht jedes Detail. In Holland sagt man: Wenn du außerhalb des Platzes Disziplin hast, dann auch im Spiel auf dem Platz. Aber diese Meinung teile ich nicht. Wenn ich mich an England erinnere, da haben die Jungs vor den Spielen in der Umkleide Musik gehört oder waren noch am Handy - als es los ging waren aber alle konzentriert. Auch in Spanien ist man da etwas lockerer.
Interview: Patrick Strasser