Interview

Michael Ott über das Katar-Aus beim FC Bayern: "Protest wäre in anderen Ländern nicht möglich gewesen"

Katar-Chefkritiker Michael Ott lobt im AZ-Interview das Ende des Sponsoren-Deals des FC Bayern mit Qatar Airways und erklärt, warum der Protest gegen das Emirat kein typisch deutsches Phänomen ist.
von  Krischan Kaufmann
Der 30 Jahre alte Anwalt und langjährige Bayern-Fan wurde durch seinen Katar-kritischen Auftritt bei der Jahreshauptversammlung 2021 überregional bekannt.
Der 30 Jahre alte Anwalt und langjährige Bayern-Fan wurde durch seinen Katar-kritischen Auftritt bei der Jahreshauptversammlung 2021 überregional bekannt. © dpa

München - Seit Mittwoch 10 Uhr ist der umstrittene Sponsoren-Deal zwischen dem FC Bayern und Qatar Airways Geschichte.

Für Michael Ott ist das ein Grund zum Feiern, denn der Anwalt (30) und langjährige Bayern-Fan hat genau darauf seit Jahren in seiner Rolle als Chef-Kritiker der bayerischen Verbindung mit dem Emirat hingearbeitet.

AZ: Herr Ott, wie schmeckt denn so ein Glaserl Champagner am morgen?
MICHAEL OTT: Warum?

Katar-Kritiker Michael Ott: "Man darf nicht den Einfluss der Fanszene des FC Bayern vergessen"

Weil am Mittwoch um 10 Uhr offiziell bekannt wurde, dass der Sponsorenvertrag zwischen dem FC Bayern und Qatar Airways nicht verlängert wird. Genau dafür haben sie als Chef-Kritiker der umstrittenen Verbindung ja jahrelang gekämpft.
(lacht) Tatsächlich habe ich am Mittwoch mit meinen Kollegen darauf in der Mittagspause angestoßen. Aber man darf auch nicht den Einfluss der aktiven Fanszene des FC Bayern vergessen, die sich schon viele Jahre vor meinem Einstieg für die Sache engagiert hat: mit Grundlagenarbeit, Vernetzungsarbeit – ständig mit NGOs in Kontakt stand. Natürlich hat mein Aktivwerden der ganzen Sache nochmal einen Schwung gegeben, aber diesen Erfolg will ich jetzt nicht für mich allein beanspruchen.

Egal, ob nun der FC Bayern die Verbindung gekappt hat, oder dem Emirat die ewige Kritik auf die Nerven ging. Wenn man sieht, wozu der beständige Protest womöglich geführt hat, könnte man ja sogar von einer Art Selbstermächtigung der Kurve sprechen.
Das Ergebnis ist auf jeden Fall sehr ermutigend für alle Fußball-Anhänger in Deutschland, weil es zeigt, dass Fans und Mitglieder doch erheblichen Einfluss auf die Geschicke des Vereins haben können – man darf sich nur nicht zu schnell geschlagen geben. Darauf können wir in Deutschland besonders stolz sein, denn diese Form des Protests wäre in anderen Ländern nicht möglich gewesen.

Katar beim FC Bayern, Saudi-Arabien bei Newcastle: "Die Leute lassen sich manipulieren"

Das ist ein gutes Stichwort. Denn in anderen großen Fußball-Nationen - zum Beispiel in England – ist man bei Sponsoren oder gar Investoren weitaus weniger kritisch. Als der saudi-arabische Staatsfond 2021 beim Traditionsverein Newcastle United einstieg, gingen die Fans als Scheichs verkleidet ins Stadion – nicht aus Protest, sondern aus Freude über den Deal. Ist die Katar-Diskussion am Ende nicht doch eine sehr deutsche Diskussion?
Das Beispiel Newcastle zeigt doch eher, dass das Sportwashing funktioniert, dass sich die Leute manipulieren lassen, wenn so ein Thema nicht kritisch genug behandelt wird. Wenn außerdem die Strukturen nicht so wie im deutschen Fußball – Stichwort 50+1-Regel – vorhanden sind, ist es für die kritischen Fans auch schwieriger zu reagieren.

Mich haben übrigens in den letzten Tagen auch viele Reaktionen von Manchester-United-Anhängern erreicht, deren Klub ja gerade von einer Übernahme durch Katar bedroht ist. Für diese ManU-Fans ist die Entwicklung bei uns ein sehr ermutigendes Zeichen – auch wenn die Bedingungen in England natürlich ganz andere sind. Das alles zeigt aber, dass die Diskussion keinesfalls nur eine deutsche ist.

Der Rückzug von Qatar Airways wird nicht von allen Fans begrüßt, immerhin muss sich der Klub nun einen neuen Ärmelsponsor suchen, der 25 Millionen Euro pro Jahr zahlt. Hatten Sie stets das Gefühl, dass Sie bei Ihrem Protest eine Mehrheit hinter sich haben?
Ich denke schon, dass diese Frage auf jeden Fall einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Bayern-Fans beschäftigt hat. Aber ich habe natürlich keine empirischen Daten über die diesbezüglichen Mehrheitsverhältnisse im Verein.

Michael Ott über neue FC-Bayern-Sponsoren: "Die Grundwerte des Vereins beachten"

Beim letzten Interview mit der AZ erzählten Sie von teils massiven Anfeindungen von Bayern-Fans, die mit Ihrer Kritik an Katar überhaupt nichts anfangen konnten und Ihnen sogar vereinsschädigendes Verhalten vorwarfen. Ist diese Situation seit Dienstag nun noch schlimmer geworden?
Nein. Klar, ein paar Kommentare gibt's ja immer – aber die weit überwiegende Mehrheit der Reaktionen war sehr, sehr positiv.

Um ähnliche Probleme wie mit dem Katar-Sponsoring zu vermeiden, sollte die Klubführung künftig die Fans bei der Auswahl der passenden Partner miteinbinden?
Das ginge mir zu weit, es ist nicht die Rolle der Fans, jeden möglichen Sponsor im Voraus abzusegnen. Aber es ist die Rolle der Fans, den Verantwortlichen ins Gedächtnis zu rufen, dass man bei der Sponsorenauswahl auch die Grundwerte des Vereins beachten muss – und die Verantwortlichen daran zu messen.

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