Mario Mandzukic: Cup-Stürmer gegen Juventus
Bayerns Torjäger Mario Mandzukic ist der Erfinder des Ein-Mann-Pressings, der die Gegner zur Verzweiflung bringt. Die Mitspieler hingegen lieben ihn. „Ich könnte ihm einen Kuss geben!“
Turin - Wer den beliebten Trainer-Spruch „Unsere Abwehr fängt ganz vorne an“ nicht wirklich versteht, muss nur einmal Bayern-Stürmer Mario Mandzukic im Spiel beobachten. Was der Kroate abliefert, wenn er den Ball nicht hat, ist eine Sensation. Im Grunde ist Mandzukic (26) der Erfinder des modernen Ein-Mann-Pressings, ein Solozerstörer mit höchstem Nerv-Faktor für die gegnerische Abwehr. Versucht diese, ihr Spiel von hinten heraus aufzubauen, beginnen die Stör-Manöver. Mandzukic läuft von einem Verteidiger zum nächsten, versucht diesen in einen Zweikampf zu verwickeln.
Für die einen ekelhaft, für die eigene Mannschaft effektiv. Ein Segen. „Wenn ich sehe, wie Mario 20 Meter vor uns grätscht, würde ich am liebsten zu ihm laufen und ihm einen Kuss geben“, sagte kürzlich Daniel Van Buyten, der die Zerstörer-Dienste hauptberuflich macht, nicht im Nebenjob wie Torjäger Mandzukic. Auch Sportvorstand Matthias Sammer lobte nach dem 2:0 im Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Juventus Turin die Speerspitze der Bayern-Abwehr: „Wie Mario gegen den Ball spielt, ist außergewöhnlich. Er hat wie ein Tier gearbeitet.“ Mit Erfolg. Vor allem Juve-Spielgestalter Andrea Pirlo wurde durch die Läufer Mandzukic und Thomas Müller aus der Partie genommen, weil derart gestört, dass er erst Bälle, dann die Lust verlor. So lautete auch der Bayern-Plan für das Rückspiel in Turin (Hier gibt's das Spiel im Liveticker).
Jupp Heynckes hat Mandzukic mittlerweile zum Cup-Stürmer auserkoren, für Champions League und DFB-Pokal. Wenn es wichtig wird, eng und kompliziert, dann stürmt Mandzukic. In der Bundesliga dürfen sich seine Sturmkonkurrenten Mario Gomez und Claudio Pizarro abwechselnd austoben. Gerade Gomez ist ein klassischer Angriffsstürmer. Daher kommt der Kroate auch auf vergleichsweise wenige Tore, 18 Pflichtspieltreffer sind es bis dato, davon 15 in der Bundesliga. Dennoch ist er damit Rekordtorschütze der Bayern in dieser Saison – was meist zwangsläufig auf eine große Chance hinausläuft, die Torjägerkanone zu gewinnen. Doch die hat Heynckes, früher selbst Mittelstürmer, auf dem Gewissen. „Die Torjägerkanone habe ich ihm weggenommen“, gibt der Coach zu, „aber Mario sieht es ein.“ Weil er gebraucht wird, wenn es wirklich zählt. Für sein physisch enorm forderndes Spiel gewährt ihm Heynckes regelmäßig Pausen, zuletzt plagte den Stürmer eine leichte Erkältung. Und so durfte Mandzukic in den letzten sechs Ligaspielen nur zwei Mal von Beginn an ran, bei einem Halbfinal-Einzug in der Königsklasse dürfte der Rhythmus so weitergehen. Der Abstand zu Robert Lewandowski von Borussia Dortmund (21) und Stefan Kießling (18/Leverkusen) ist ohnehin schon zu groß.
13 Millionen Euro hat der FC Bayern letzten Sommer für Mandzukic überwiesen, das Invest hat sich gelohnt. Eingeplant war er als Joker für Gomez, nun steht er laut Heynckes „federführend für die kämpferische Note der gesamten Mannschaft“. Der Hochgelobte selbst ist eher ein ruhiger Zeitgenosse, ein Schweiger. Für ihn, der mit seiner Familie als Sechsjähriger während des Bosnienkriegs nach Ditzingen fliehen musste, ist ein Fußballstadion „eine Kampfarena, in der ich für die Mannschaft kämpfe und immer siegen will“. Vier Jahre später musste die Familie Mandzukic zurück. „Es war hart, nach Kroatien zurückzugehen nach dem Krieg. Aber vielleicht hat mich das stark gemacht.“ Er betont, dass er im Grunde ein ganz freundlicher Zeitgenosse sei, „aber auf dem Fußballplatz bin ich ganz anders“. Stürmer und Verteidiger – Multitasking.