Mario Gomez - Nur Weitschüsse kann er nicht

Mit einem Sprint vermasselt Neapels Torwart Bayerns Torjäger Mario Gomez den Viererpack. Der Star, bislang so erfolgreich wie Messi, bleibt bescheiden: „Mein Job ist es, viele Tore zu machen“.
München - Der Gerd hat so etwas nicht gemacht. Wenn Gerd Müller, der Strafraumbomber, mal per Weitschuss getroffen hat, dann aus elf Metern. Außerhalb des Sechzehners fremdelte der legendäre Torjäger etwas. Nicht so Mario Gomez, einer seiner Erben.
Der hat Mut. Schneid, wie der Bayer sagt. Und so hielt Gomez in der vierten Minute der Nachspielzeit des 3:2 gegen den SSC Neapel aus 70 Metern Richtung Nordkurve. Das gegnerische Tor war leer, Napolis Keeper Morgan De Sanctis hatte einen fachfremden Ausflug in den Bayern-Strafraum gewagt und befand sich nach dem Ballverlust der eigenen Mannen auf dem ungeordneten Rückzug. Und dann schoss Gomez. Los ging die Reise des Balles Richtung Ziel.
Wie in Zeitlupe hoppelte er dahin, scheinbar gebremst vom „Ah!“ und „Oh!“ der Fans. „Als die Kugel meinen Fuß verließ, habe ich schon gemerkt, dass er zu wenig Power hatte“, kritisierte Torjäger Gomez am Donnerstag den Fernschützen Gomez, „der Torwart hatte meinen Schuss zunächst gar nicht bemerkt. Ich dachte daher im ersten Moment, dass er den Ball nicht mehr kriegt.“ De Sanctis wetzte hinter der Kugel her wie ein Briefträger seinem losgerollten Fahrrad in Schwarz-Weiß-Filmen der 50er Jahre. Er kam näher und näher, dem Ball schien die Luft auf der Zielgeraden auszugehen. Im Fallen schnappte sich De Sanctis den Ausreißer, eine Kollision mit dem Pfosten konnte er gerade noch vermeiden.
So hatte die wilde Verfolgungsjagd für Napoli ein Happy End. Na, ja. Es hieß 2:3 statt 2:4. Nach diesem kurzatmigen, dramaturgisch wertvollsten Finale war sofort Schluss. Für Gomez ein Indiz der unbeugsamen Mentalität der Italiener. „Da sieht man mal, dass der Torwart selbst bei einem 2:3-Rückstand nicht aufgegeben und alles versucht hat.“ Und so hat der Hinterherhechel-Torwart Gomez noch den Viererpack geklaut. Als wären seine drei Treffer nicht genug, sein Hattrick. Zwischen der 17. und 41. Spielminute hatte Gomez das 3:0 besorgt, jeder Treffer eine Schau, Prädikat wertvoll.
„Mario hat drei Tore gemacht, geackert, gekämpft, die Bälle gut gehalten. Eine perfekte Vorstellung – eine Weltklasse-Leistung“, schwärmte Sportdirektor Christian Nerlinger. Und was macht der Gefeierte? Bleibt cool und bescheiden, redet über Gegentreffer. „Das 3:1 kurz vor der Pause darf nicht passieren. Wenn wir mit dem 3:0 in die Halbzeit gegangen wären, hätten wir Ruhe gehabt.“ Und sein Hattrick? Gomez wiegelt ab: „Mein Job ist es, viele Tore zu machen. Ich freue mich über jedes Tor und bin stolz. Aber nicht geil darauf, nach Hause zu kommen und sofort im Internet jede Statistik nachzuschauen.“ Machen ja andere für ihn.
Mit 17 Treffern hat er nun Michael Ballack (16) als erfolgreichsten deutschen Schützen in der Champions League überflügelt. Und zweitens: In der Saisonwertung liegt er mit fünf Treffern gleichauf mit Barcelonas Lionel Messi. Für beide hatte Gomez einen Spruch parat: „Ballack ist ja auch Mittelfeldspieler und Messi wird sowieso noch ein paar Tore schießen.“ Gomez auch. Nur nicht aus 70 Metern. Der Mann kann nämlich alles. Nur keine Weitschüsse.