Mario Gomez: "Lieber 5 x 20 als 1 x 40"

Mario Gomez gewinnt die Wahl der AZ-Leser. Hier erklärt er, warum ihm Gerd Müllers Rekord nicht wichtig ist, was ihn mit Andrea Berg verbindet – und was er an München so mag.
von  Filippo Cataldo

Mario Gomez gewinnt die Wahl der AZ-Leser. Hier erklärt der Stürmer, warum ihm Gerd Müllers Rekord nicht wichtig ist, was ihn mit Andrea Berg verbindet – und was er an München so mag

AZ: Herzlichen Glückwunsch, Herr Gomez. Sie sind von den AZ-Lesern zum Sportler des Jahres gewählt worden.

MARIO GOMEZ: Danke, das ehrt mich. Aber ehrlich gesagt würde mich dieser Titel glücklicher machen, wenn wir 2011 als Mannschaft Meisterschaft und Pokal gewonnen hätten.

Sie waren der Torschützenkönig – und betonen immer wieder, dass der Erfolg der Mannschaft Ihnen mehr bedeutet als Ihr persönlicher und Sie nichts erreichen könnten, ohne die Vorlagen anderer.

Ich denke, ich bin relativ realistisch, was das Leben betrifft und auch, was mein Spiel und meinen Sport betrifft. Ich weiß, dass ich viele Qualitäten habe, sonst würde ich nicht 50 Tore in einem Jahr machen, aber ich kann diese Qualitäten nur einbringen, wenn meine Mitspieler mich bedienen. Jeder Stürmer, der was anderes behauptet, der hat sich vielleicht nicht die richtige Sportart ausgesucht.

Das klingt allzu bescheiden.

Aber es ist doch so. Ich bin froh, dass ich mittlerweile einen großen Teil zum Erfolg beitragen kann beim FC Bayern. Aber ich weiß, dass es auch ohne mich gehen würde und dass es auch ohne jeden anderen Spieler gehen würde. Im heutigen Leistungssport wirst du ersetzt, so schnell kannst du gar nicht gucken.

Ex-Bayern-Star Willy Sagnol hält Sie aber derzeit für den einzigen Bayern, der nicht ersetzbar wäre...

Ich glaube, bis auf Messi ist kein Spieler in einer Mannschaft unersetzbar. Schauen Sie sich doch die Historie des FC Bayern an! Hier gab es nur sehr wenige Stürmer, die eine Ära geprägt haben: Gerd Müller und Karl-Heinz Rummenigge. Ansonsten gab es viele Angreifer, auch Weltklasse-Stürmer, die ein Jahr sehr gut waren, im zweiten nicht mehr so erfolgreich und im dritten Jahr weg waren. Mein Ziel ist es, hier über einen langen Zeitraum erfolgreich zu sein. Deswegen ist die 40-Tore-Marke...

...der historische Tor-Rekord während einer Bundesliga-Saison von Gerd Müller...

...nullkommanull interessant. Das ist kein Ziel, das ich mir setze. Für mich ist es viel wichtiger, über Jahre hinweg konstant viel zu treffen. Ich mache lieber fünf Jahre in Folge 20 Tore als einmal 40 und dann nur acht. Als ich gekommen bin, waren Luca Toni, Miro Klose, Ivica Olic und Thomas Müller schon da. Alles Hausnummern! Natürlich habe ich mir zugetraut, mich hier durchzusetzen. Dass es am Anfang so schwierig war, habe ich mir nicht gewünscht.

Louis van Gaal meinte bei der Begrüßung, dass er Sie nicht geholt hätte.

Vergangenheit! Auf diese Erfahrung hätte ich gerne verzichtet. Aber am Ende habe ich ja selbst van Gaal als meinen größten Kritiker überzeugt. Das macht mich stolz.

Sie haben im Trainingslager in Doha gesagt, dass Sie nicht mehr von einem Engagement in Spanien träumen.

Ja, da hat sich der spanische Teil meiner Familie sofort beschwert (lacht). Aber es ist doch klar, dass ich momentan keine Ambitionen auf eine Veränderung habe. Ich bin bei einem der besten Vereine der Welt. Wieso sollte ich etwas anderes machen wollen?

Wann unterschreiben Sie also Ihren neuen Vertrag?

Das wird man sehen. Bayern weiß, was ich will. Ich weiß, was der Verein will. Aber zu Vertragsverhandlungen gehören mehr Aspekte. Ich bin jetzt 26, möglicherweise wird das der wichtigste Vertrag meiner Karriere.

Es geht also ums Geld?

Nicht nur. Auch um die Perspektive, die Laufzeit, darum, wie der Verein plant. Ich bin zuversichtlich, aber jetzt warten wir mal ab.

Was anderes: Wie gefällt Ihnen Andrea Berg?

(lacht): Grundsätzlich ist Schlager nicht so meins. Aber dadurch, dass mein Berater und Freund Uli Ferber mit ihr verheiratet ist, habe ich eine besondere Verbindung zu ihr. Wir kennen uns, ich Freude mich für sie und ihren Erfolg.

Und Sie besitzen sogar gemeinsam ein Stadion! Sie gehören der Investorengruppe an, die dem Regionalligisten Sonnenhof Großaspach das neue Stadion finanziert hat. Ein Fußballer als Stadioninhaber, wie kommt’s?

Das war sicher kein Freundschaftsdienst für Uli. Ich möchte nicht, dass mein Geld verschwindet. Diese Investition bringt eine sehr gute Rendite. Aber sicherlich ist das auch ein sehr schönes Projekt. Es ist ein sehr schönes Stadion geworden, sehr familiär, angemessen groß, gemütlich. Aber es wird sicher nicht so sein, dass ich nach meiner Karriere der Präsident vom Sonnenhof sein werde.

Wieso nicht?

Ich sehe meine Zukunft in München, nicht in Aspach.

In den nächsten zehn Jahren?

Was während der Karriere geschieht, kann ich nicht beurteilen. Aber nach der Karriere werde ich mit ziemlicher Sicherheit in München wohnen. Das hier ist meine zweite Heimat geworden.

Was mögen Sie an München?

Alles. Es ist wunderschön, wir haben die Seen in der Nähe, die Berge, zu meiner Familie ist es nicht weit. Aber das größte Plus, das München bietet, ist die Tatsache, dass du auch als Mensch, der in der Öffentlichkeit steht, ein sehr angenehmes Leben hier führen kannst. Der Münchner ist sehr lässig. Ich kann im Biergarten sitzen, ohne dass mich die Leute anquatschen, oder mit dem Radl durch den Englischen Garten fahren, ohne dass es irgendeinen interessiert. Das ist sehr angenehm.

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